IG Metall plant Urabstimmung und 24-Stunden-Streiks

In der größten deutschen Wirtschaftsbranche, der Metall- und Elektroindustrie, könnte es noch in diesem Monat zu größeren Streiks kommen. Grund ist die stagnierende Tarifrunde für knapp vier Millionen Arbeitnehmer.

Laut eines Berichts der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe) bereitet die IG Metall gerade sehr konkret ein Szenario vor, das ab dem 20. November greifen soll, wenn bis dahin in zwei Verhandlungstreffen keine Einigung mit den Arbeitgebern gelingt. Demnach soll es dann deutschlandweit sogenannte 24-Stunden-Streiks geben, bei denen etliche Betriebe einen Tag und eine Nacht lang stillstünden. Begleitet werden sollen sie von einer Urabstimmung über einen echten, unbegrenzten Streik in einem oder zwei der Gewerkschaftsbezirke, also etwa in Baden-Württemberg, Bayern oder Nordrhein-Westfalen. „Jetzt rasen wir auf einen Konflikt zu“, sagte einer der Verhandlungsführer der SZ. Die Gewerkschaft ist verärgert darüber, dass der Arbeitgeberverband Gesamtmetall trotz dreier Verhandlungstreffen noch kein Angebot unterbreitet hat, das eine Lohnerhöhung konkret beziffern würde. Bisher haben die Arbeitgeber lediglich eine steuer- und sozialabgabenfreie Sonderzahlung von 3000 Euro bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 30 Monaten in Aussicht gestellt und signalisiert, neben der Sonderzahlung sei eine dauerhafte Lohnerhöhung grundsätzlich möglich. Die Gewerkschafter sehen durch die zähen Verhandlungen ihr Ziel gefährdet, die Tarifrunde bis Weihnachten abzuschließen. Aus Sicht der IG Metall sollen die Beschäftigten spätestens dann wissen, mit wie viel Geld sie in Zukunft planen können. Außerdem fürchten die Gewerkschafter, der Weihnachtsurlaub könnte einer möglichen Streikwelle die Dynamik nehmen. Deshalb soll diese deutlich früher stattfinden. Ein Gewerkschafter formuliert es so: „Wir zahlen den Arbeitgebern sicher nicht mit einem unbefristeten Arbeitskampf die Weihnachtsruhe.“ Die Arbeitgeber weisen den Vorwurf, die IG Metall hinzuhalten, weit von sich. „Unsere Beratungen dauern einfach“, sagte Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf kürzlich im SZ-Interview. Die Lage sei wegen Energiekrise und Inflation besonders schwierig. Kompliziert ist es aus Sicht der Arbeitgeber auch, weil es den Firmen in der Metall- und Elektroindustrie unterschiedlich geht. Während die Autobauer zum Beispiel insgesamt gut dastehen, kämpfen viele Zulieferunternehmen gegen rote Zahlen. Die Arbeitgeber sehen ihr vorliegendes Angebot als Korridor für eine mögliche Einigung, die es bei den nächsten beiden Verhandlungsrunden – die vierte beginnt am Dienstag, die fünfte findet voraussichtlich vom 14. bis 20. November statt – geben könnte.

Dieser Korridor sieht so aus: Wegen der drohenden Rezession soll es im kommenden Jahr keine dauerhafte Lohnerhöhung, sondern lediglich eine Sonderzahlung von bis zu 3000 Euro geben. 2024 könne dann die dauerhafte Erhöhung folgen – aber nur, wenn die Wirtschaft sich erholt. Eine solche Klausel dürfte die IG Metall allerdings kaum mitmachen. Größere Streiks werden damit immer wahrscheinlicher.

Foto: Stahlproduktion [dts]

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