Die britische Regierung kann sich die Lieferung von westlichen Kampfpanzern an die Ukraine vorstellen. „Es kann der Zeitpunkt kommen, an dem wir das tun“, sagte der britische Staatsminister für Europa, Leo Docherty, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
„Was die Ukraine kurz- und mittelfristig braucht, ist ein vollkommen modernisiertes Militär. Ich sehe in der Zukunft eine sehr intensive und langanhaltende Verteidigungskooperation zwischen den USA und Europa und der Ukraine.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Lieferung von Kampfpanzern wie den Leopard-2 nach Kiew bislang mit dem Hinweis abgelehnt, dass Deutschland „keine Alleingänge“ mache. Angesichts der verstärkten russischen Drohnenattacken will Großbritannien der Ukraine gezielt helfen. „Wir schnüren gerade ein Paket, um die Ukrainer mit speziellen militärischen Kapazitäten gegen Drohnenangriffe auszustatten“, kündigte Docherty an. „Wir möchten Deutschland ausdrücklich für die Lieferung des Luftabwehrsystems Iris-T an die Regierung in Kiew danken“, unterstrich Docherty, der für die Konservative Partei im britischen Unterhaus sitzt. „Das ist ein entscheidender Beitrag für die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine.“ Der Ukraine-Krieg habe zu einer Annäherung Großbritanniens an die EU geführt, sagte Docherty.
„Der Krieg hat uns alle einander angenähert – nicht nur das Vereinigte Königreich und die EU, sondern alle westlichen Länder sind zusammengerückt.“ Dazu gehöre auch, Russland und China, die ihren Einfluss auf dem Westbalkan mit Macht erweitern wollten, in Schach zu halten. „Hier arbeitet Großbritannien Seite an Seite mit der EU.“ Docherty nahm am Freitag am Westbalkangipfel der Außenminister in Berlin teil.
Die britische Regierung hatte angekündigt, einen der nächsten Gipfel der erweiterten Europäischen Politischen Gemeinschaft in London auszurichten – das erste Spitzentreffen fand kürzlich in Prag statt. „Wir sind sehr an derartigen multilateralen europäischen Foren interessiert“, so Docherty. Entspannung deutet der britische Europaminister auch bei der Frage des zuletzt heiß umstrittenen Nordirland-Protokolls an. London wollte das im Zuge des Brexits vereinbarte Abkommen, bei dem es um Grenzkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland geht, zunächst neu verhandeln.
„Wir streben ernsthaft einen Kompromiss an, der sowohl die Interessen der Bevölkerung in Nordirland als auch die Regeln des EU-Binnenmarkts berücksichtigt“, erklärte Docherty.
Foto: Bundeswehr-Panzer „Leopard 2“ [dts]