Der russische Regimekritiker und ehemalige Öl-Tycoon Michail Borissowitsch Chodorkowski hat den deutschen Bundeskanzler für seine Ukraine-Politik scharf kritisiert. „Scholz ist noch immer nicht auf den Krieg vorbereitet“, sagte Chodorkowski der „Welt am Sonntag“.
„Ich beobachte Kanzler Scholz als ein Außenstehender. Und sehe einen in der Wolle gefärbten europäischen Bürokraten, der die Führung eines ziemlich stabilen und wohlhabenden Landes übernahm. Der auf einen Krieg völlig unvorbereitet war“, sagte der 59-Jährige, der im Exil in London lebt. Der Kanzler habe zwar eine „Zeitenwende-Rede“ gehalten, aber „im Nachhinein Angst vor seinen eigenen Worten bekommen“.
Zwar versteht Chodorkowski Deutschlands Position „als eine Volkswirtschaft, die 20 Jahre lang weitgehend auf billige russische Energie baute“ und geht davon aus, dass die Deutschen „zu diesen fetten Jahren zurückkehren möchten“; aber in einem Krieg müsse man die eigenen Fehler schneller anerkennen. Konkret meint Chodorkowski, dass Deutschland keinen „Plan B“ für seine Energieversorgung hatte und noch dazu überstürzt den Ausstieg aus der Atomkraft beschloss. Die von Putin ausgerufene Teilmobilmachung sieht Chodorkowski als Zeichen der Schwäche, aus einem sehr weitreichenden Grund: „Eine Generalmobilmachung wagt Putin bisher nicht. Denn sie bedeutet, den normalen Bürgern Waffen zu geben. Das hat in der russischen Geschichte mehrfach zu einem Regimewechsel geführt“, sagt er.
So habe auch der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko eine Generalmobilmachung angekündigt, diese aber nie umgesetzt.
Foto: Michail Borissowitsch Chodorkowski (dts)