Mehr als 70 Prozent der Deutschen glauben laut einer Umfrage nicht, dass Olaf Scholz (SPD) keine Erinnerungen an seine Gespräche mit den Vertretern der in den Cum-Ex-Skandal verstrickten Hamburger Warburg-Bank hat. Der Kanzler berief sich vergangene Woche vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss in der Hamburgischen Bürgerschaft mehrfach darauf, die Inhalte der drei Treffen mit den Bankgesellschaftern nicht mehr präsent zu haben.
Tagebuchaufzeichnungen eines bei den Treffen anwesenden Bankers zeigen, dass das Geldinstitut die Stadt Hamburg, deren Erster Bürgermeister Scholz damals war, darum bat, auf millionenschwere Steuernachzahlungen aus den Cum-Ex-Deals zu verzichten. Selbst eine Mehrheit der Anhänger der SPD, nämlich 56 Prozent, glauben dem Kanzler laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Focus“. nicht, dass Scholz sich an den Inhalt der Gespräche mit den Warburg-Eignern nicht erinnern kann. Lediglich elf Prozent der Deutschen glauben ihm noch in der Sache. Auch der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate sieht das Vertrauen in den Kanzler massiv beschädigt: „Keiner glaubt dem Kanzler, auch seine Parteifreunde nicht“, sagte State dem „Focus“.
Das habe er in Gesprächen mit Sozialdemokraten erfahren. Strate hatte Scholz und den heutigen Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Februar bei der Staatsanwaltschaft Hamburg angezeigt. Tschentscher war damals Finanzsenator. Kurz nachdem sich die Bank auf Bitten von Scholz an ihn wandte, entschied seine Verwaltung, auf die Steuermillionen zu verzichten.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg lehnt Ermittlungen ab. Strate: „Die Behörde begreift sich als Schutz- und Trutzburg der hamburgischen Stadtregierung.“
Foto: Olaf Scholz (dts)