Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zeigt sich unter bestimmten Umständen für einen kurzfristigen Weiterbetrieb des bayerischen Atomkraftwerks Isar 2 offen. „Wenn der Stresstest ergibt, dass Bayern tatsächlich ein ernsthaftes Strom- bzw. Netzproblem haben könnte, dann werden wir diese Situation und die dann bestehenden Optionen bewerten“, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).
„Wir kennen die Ergebnisse aber noch nicht“, fügte sie hinzu. Es gelte, die Ergebnisse des Stresstests des Wirtschaftsministeriums abzuwarten und nüchtern zu prüfen. Zugleich machte Lemke deutlich, dass sich die Lage in Bezug auf den bayerischen Meiler seit dem Frühjahr verändert habe. „Im März haben uns die Kraftwerksbetreiber versichert, dass die Brennelemente zum Ende des Jahres aufgebraucht sind, möglich wäre nur ein Streckbetrieb 2023, wenn man 2022 die Leistung entsprechend reduziert. Es waren sich alle einig, dass dies nicht sinnvoll wäre“, betonte sie gegenüber der FAS. „Später wurde uns dann mitgeteilt, dass die Brennelemente im AKW Isar 2 wohl doch noch wenige Monate länger reichen könnten.“
Sie rate in der aktuellen, aufgeheizten Debatte zu Nüchternheit und dazu, am Ende auf Grundlage von Fakten zu entscheiden, fügte die Ministerin hinzu: „Eine Hochrisiko-Technologie kann man nicht nach tagesaktuellen Umfragen beurteilen.“ Deutschland habe sich aus guten Gründen dafür entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen. Für die Atomaufsicht müsse Sicherheit immer die höchste Priorität haben.
Angesichts der durch ausbleibende Gaslieferungen aus Russland verursachten Energiekrise hatten sich zuletzt die Forderungen nach einem Weiterbetrieb der drei letzten deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland gehäuft, die ihren Betrieb eigentlich bis zum Jahresende einstellen sollen. Vor allem Grünen-Politiker hatten bayerische Versäumnisse beim Leitungs- und Windkraftausbau für die Probleme speziell in dem Freistaat verantwortlich gemacht. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte im Gegenzug mehr Solidarität von den norddeutschen Bundesländern.
Foto: Atomkraftwerk (dts)