Brüssel – EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton schaltet sich in die deutsche Nukleardebatte ein. „Es ist äußerst wichtig, die drei deutschen Kernkraftwerke, die noch in Betrieb sind, länger laufen lassen“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).
„Zumindest für ein paar Monate und selbstverständlich auf sichere Weise.“ Die verbliebenen Reaktoren spielten eine wichtige Rolle bei der Stromversorgung. Sie sollen im Zuge des Atomausstiegs in Deutschland bis Ende des Jahres vom Netz gehen. So wie die Bundesregierung fürchtet auch die EU-Kommission, dass Russland die Gaslieferungen nach Deutschland noch in diesem Monat einstellen könnte. „Wladimir Putin setzt unsere Abhängigkeit als Waffe gegen uns ein“, warnte der französische Kommissar. Die Laufzeitverlängerung der Atommeiler sei „im allgemeinen Interesse Europas“, so Breton. „In dieser Zeit, in der wir Solidarität benötigen, muss jeder alles tun, was in seiner Macht steht.“ Mit Blick auf die Bundesregierung, die bisher trotz der Gaskrise am Atomausstieg festhält, sagte er: „Wir können nicht sagen, ich mache nicht, was ich machen könnte, aber erwarte, dass andere liefern, was ich brauche.“
Zugleich warb der Kommissar dafür, den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen. Dabei müsse die EU aber sicherstellen, dass ihre Versorgung mit den dafür nötigen Mineralien, etwa Seltenen Erden, abgesichert sei. „Wir müssen verhindern, dass wir von einer Gasabhängigkeit von Russland in eine Solarabhängigkeit von China geraten“, warnte Breton. Die EU müsse daher den Abbau und die Verarbeitung von Rohstoffen in Europa fördern: „Wir brauchen nicht nur Minen, sondern auch Raffinerien, eine neue Industrie.“
Für Breton steht fest: „Solange wir abhängig sind, sind wir angreifbar.“
Foto: Atomkraftwerk (dts)