Berlin – Die rechtsextreme Serie von Brandanschlägen im Berliner Bezirk Neukölln wird ab dem 29. August juristisch aufgearbeitet. Das Amtsgericht Tiergarten ließ die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft gegen die mutmaßlichen Täter, die Neonazis Sebastian T. und Tilo P., zu, berichten der RBB und die „Berliner Morgenpost“ unter Berufung auf Justizkreise.
Die Anklage wirft den Rechtsextremisten vor, in der Nacht des 1. Februar 2018 die Autos eines Neuköllner Buchhändlers und des im Herbst vergangenen Jahres ins Abgeordnetenhaus gewählten Linken-Politikers Ferat Koçak angezündet zu haben. Der Verdacht gegen die angeklagten Neonazis erhärtet sich womöglich durch eine Aussage, die Tilo P. im November vergangenen Jahres während der in einem anderen Verfahren gegen ihn angeordneten Untersuchungshaft getätigt haben soll. Gegenüber einem ebenfalls inhaftierten Gesinnungsgenossen soll er gesagt haben, die Behörden wollten ihm „jetzt auch noch wegen den anderen Sachen was anhängen“. Er habe aber „nur Schmiere“ gestanden.
Mit „den anderen Sachen“ meinte er mutmaßlich Taten der Neuköllner Anschlagsserie. Die Aussage, er habe „nur Schmiere“ gestanden, könnte als Bekenntnis zu den ihm zur Last gelegten Taten gewertet werden, heißt es. Der Inhalt des Gesprächs zwischen Tilo P. und dem Mitgefangenen wurde vom Verfassungsschutz in einem sogenannten Behördenzeugnis dokumentiert, berichtet der RBB. In dem Ende August beginnenden Prozess wirft die Generalstaatsanwaltschaft Sebastian T. außer den zwei Autobrandstiftungen auch Betrug mit staatlichen Corona-Hilfen vor. Außerdem soll der 35-Jährige staatliche Hilfen für eine untervermietete Wohnung erschlichen haben.
Das Gericht setzte für den Prozess bis Ende dieses Jahres zunächst zehn Verhandlungstage an. Die Generalstaatsanwaltschaft will 90 Zeugen hören. Der Neuköllner Anschlagsserie werden 70 rechtsextreme Straftaten zugerechnet, darunter mindestens 20 Auto-Brandstiftungen. Die Opfer engagierten sich gegen Rechtsextremismus.
Die Sicherheitsbehörden mussten sich bei den Ermittlungen etliche Versäumnisse vorwerfen lassen. Das Berliner Abgeordnetenhaus setzte am 5. Mai 2022 einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Neuköllner Anschlagsserie ein. Tilo P. und Sebastian T. wollten sich nach Aussage ihrer Verteidiger zu den Vorgängen nicht äußern.
Foto: Amtsgericht Tiergarten (dts)