Patientenschützer dämpft Erwartungen an Corona-Sachverständigenrat

Dortmund – Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat die Erwartungen an den Bericht zur Evaluation der Corona-Maßnahmen gedämpft und zugleich ein Corona-Radar für Pflegeheime gefordert. „Wer vom Sachverständigenrat glasklare politische Empfehlungen für die zukünftige Pandemiebekämpfung erwartet, kann nur enttäuscht werden“, sagte Brysch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben).

Einschätzungen von Expertengremien seien zwar hilfreich, aber kein Ersatz für Entscheidungen des Bundestags und der Bundesregierung, so Brysch. Das durch das Gesundheitsministerium eingesetzte Sondergremium will am Donnerstag seine Ergebnisse der Bundesregierung vorlegen. Auf Grundlage dessen will die Koalition ihre Maßnahmen für den Herbst beschließen. Dem Gremium gehören unter anderem die Sozialforscherin Jutta Allmendinger und der Virologe Hendrik Streeck an. Brysch sieht das Patientenwohl vernachlässigt und nimmt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in die Pflicht. „Jetzt müssen endlich die Menschen in den Blick genommen werden, die das Virus am stärksten bedroht“, sagte er. Es brauche ein tagesaktuelles Corona-Radar für die stationäre Altenpflege, die das Infektionsgeschehen in jeder Pflegeeinrichtung anzeige. Darin erfasst werden sollten Infizierte, Genesene, an und mit Covid-19-Verstorbene und Heimbewohner, die aufgrund einer Corona-Infektion in eine Klinik verlegt wurden, so der Chef der Patientenschutz-Stiftung. Auch das zur Verfügung stehende Personal sei zu melden. „Nur so ist transparent ersichtlich, wo sofort praktische Unterstützung von außen gebraucht wird“, sagte Brysch. Ein „vom Bundesgesundheitsminister geplantes Monitoring allein für Krankenhäuser“ reiche nicht aus. „Deshalb ist Karl Lauterbach gefordert, seinen Formulierungsvorschlag für die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes an die Altenpflege anzupassen“, sagte der Patientenschützer.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, forderte indessen Tempo bei der Anpassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Kommission werde die Politik „nicht aus der Verantwortung entlassen, die Maßnahmen zu beschließen, die wir zu einer effektiven Bekämpfung der nächsten Herbst- und Winterwelle brauchen“, sagte Montgomery. Wenn die Wellen wieder über uns zusammenbrächen, fehle die Zeit, langwierige Grundsatzdiskussionen zu führen. „Dann muss schnell gehandelt werden können“, so der Weltärzte-Chef.

Deswegen sei es auch „besser, das Infektionsschutzgesetz jetzt neu zu beschließen – und nicht erst, wenn das Kind wieder in den Brunnen gefallen ist“, so Montgomery. Zu den Maßnahmen gehörten „natürlich Maskenpflicht in Innenräumen, Kontaktbeschränkungen und Teststrategien. Auch über Impfkampagnen und Impfpflichten sollten die Regeln vorliegen und allen klar sein.“ Das wäre „kraftvoll handelnde Politik und nicht populistisch abwartende Beschlussverweigerung“, sagte der Chef des Weltärztebundes.

Foto: Hinweis auf Maskenpflicht (dts)

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