Nürnberg – Der scheidende Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, erwartet keine schnelle Entspannung der Fachkräftesituation in Deutschland. „Wir haben einen Arbeitnehmerarbeitsmarkt, auf dem Arbeitgeber attraktive Arbeitsbedingungen anbieten müssen, wenn sie bestehen wollen“, sagte Scheele dem „Handelsblatt“.
Die Arbeitsagentur könne kurzfristig auch nur bedingt helfen: „Wir haben in der Arbeitslosenversicherung noch rund 700.000 Arbeitslosengeldempfänger. Wer sich arbeitslos meldet, wird in der Regel kurz darauf wieder vermittelt.“ Langfristig helfe die BA aber zum Beispiel, indem sie Weiterbildungen fördere, Unternehmen bei der Qualifizierung ihres Personals berate oder bei der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland unterstütze. Die von der Ampel-Koalition beschlossene weitgehende Streichung von Sanktionen bei Regelverstößen von Grundsicherungsempfängern hält Scheele für falsch. „Es wäre besser gewesen, wenn die Regierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2019 in Gesetzesform gegossen hätte“, sagte der BA-Chef, der Ende Juli in den Ruhestand geht. Die Karlsruher Richter hatten Leistungskürzungen von bis zu 30 Prozent für verfassungskonform erklärt. Und so hätten die Jobcenter das bisher auch gehandhabt, sagte Scheele. Nun solle es ab Juli für ein Jahr Kürzungen von höchstens zehn Prozent geben und das auch erst ab dem zweiten Meldeversäumnis. Wenn jemand eine Weiterbildung ablehne, werde gar nicht sanktioniert. Und wenn dann im neuen Jahr das geplante Bürgergeld komme, sollen wieder bis zu 30 Prozent der Leistung gestrichen werden können. „Das ist nur schwer verständlich“, sagte Scheele. „Ich möchte kein Jobcenter-Berater sein, der das erklären muss.“
Foto: Bundesagentur für Arbeit (dts)