Berlin – Der AOK-Verband hat vor einer dramatischen Finanzlage der Pflegeversicherung gewarnt und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum raschen Eingreifen aufgefordert. „Der politische Handlungsdruck steigt mit jedem Monat“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Gegenwärtig laufe monatlich ein Defizit von 400 Millionen Euro auf, wobei für das Gesamtjahr mit einem Fehlbetrag von 3,5 Milliarden Euro gerechnet werde, erläuterte Reimann. Eine kurzfristig gewährte Überbrückungshilfe des Bundes von 1,2 Milliarden Euro reiche „höchstens“ bis Juli. „Dann ist auch sie aufgebraucht“, warnte die frühere SPD-Politikerin. „Die Zeit drängt, die Pflegeversicherung braucht zügig eine konkrete Gesetzesinitiative zur nachhaltigen Stärkung ihrer Finanzperspektive, am besten noch im ersten Halbjahr 2022″³, sagte Reimann mit Blick auf die Planungen von Lauterbach, erst im zweiten Halbjahr eine Reform anzugehen. Unter Berücksichtigung des Gesamtvolumens der Pflegeversicherung sei die finanzielle Schieflage hier ähnlich groß wie in der gesetzlichen Krankenversicherung, so Reimann. Bei den Krankenkassen wird ein Defizit von 17 Milliarden Euro erwartet. Die Verbandschefin forderte einen höheren Steuerzuschuss des Bundes, um sogenannte versicherungsfremde Leistungen zu finanzieren. So koste allein die soziale Absicherung der pflegenden Angehörigen drei Milliarden Euro pro Jahr. „Sie sollten nicht durch die Pflegeversicherung, sondern durch einen zweckgebundenen Bundesbeitrag finanziert werden“, fordert die frühere SPD-Politikerin.
Foto: Rollstühle im Krankenhaus (dts)