EZB-Direktorin will nach US-Zinsentscheid Leitzins erhöhen. Angesichts der Rekordinflation im Euroraum von 7,5 Prozent hat Isabel Schnabel, Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigt, den Leitzins im Juli erhöhen zu wollen.
„Nach heutigem Stand gehe ich davon aus, dass wir im Juli die Zinsen erstmalig erhöhen können“, sagte sie der „Bild“ (Freitagsausgabe). Zuvor hatte Schnabel dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe) lediglich gesagt, eine Zinserhöhung im Juli sei „möglich“.
Schnabels Aussage folgt auf die am Dienstag bekannt gewordene Ankündigung der US-Notenbank Fed, den Leitzins in den USA um 0,5 Prozent zu erhöhen. Es ist die stärkste Anhebung seit 22 Jahren. Künftig liegt der US-Leitzins bei 0,75 bis 1 Prozent.
Im Euroraum beträgt er aktuell weiterhin historisch niedrige null Prozent. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte der „Bild“ dazu: „Die Zinserhöhung der US-Notenbank setzt die EZB unter Druck, jetzt ebenfalls zu handeln. Schließlich hat nicht nur Amerika ein Inflationsproblem, sondern auch der Euroraum.“
Krämer prognostizierte: „Die EZB dürfte ihren Leitzins im zweiten Halbjahr zwei Mal um jeweils ein viertel Prozentpunkt anheben.“ Grundsätzlich gelte aber wegen des Kriegs: Höhere EZB-Zinsen seien noch keine vollkommen „ausgemachte Sache“. So könne die EZB im Fall eines Gasembargos gegen Russland und einer Rezession im Euroraum davon absehen.
Aktuell agiere die EZB noch zu „zögerlich“, sagte Krämer weiter. Grund dafür sei, „dass sie auf die hoch verschuldeten Länder vor allem im Süden der Währungsunion schielt“. Die begrüßten die EZB-Negativzinsen, „weil sie ihnen helfen, die hohen Staatsschulden zu finanzieren“.