Berlin – Die Bundesregierung hat sich auf Profile für die Aufnahme von besonders gefährdeten Kreml-Kritikern aus Russland festgelegt, darunter von politischer Verfolgung bedrohte Menschenrechtsverteidiger, Oppositionelle, Mitarbeitende von Menschenrechtsorganisationen und Wissenschaftler, aber auch konkret gefährdete Journalisten. Das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) haben sich auf diese gefährdeten Personengruppen verständigt, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben).
Ihnen wird laut Bundesregierung schneller und unbürokratischer mit einer Aufenthaltserlaubnis bei ihrer Flucht aus Russland geholfen. Sie bekommen demnach nach einer Fallprüfung die Erlaubnis für einen längeren Aufenthalt in Deutschland und nicht wie früher etwa nur ein begrenztes Schengen-Visum für maximal 90 Tage. Unter die Regelung fallen neben kremlkritischen Journalisten und Wissenschaftlern auch konkret bedrohte Vertreter und Unterstützer der demokratischen Opposition in Russland sowie Menschen, die für Organisationen gearbeitet oder mit ihnen kooperiert haben, die in Russland als „ausländische unerwünschte Organisationen“ eingestuft werden. Auch einzelne Personen, die von Russlands Behörden als „ausländische Agenten“ verfolgt werden, sollen unter diese Schutzregelung fallen.
Grundlage für die Aufnahme in Deutschland ist der Artikel 22 des Aufenthaltsgesetzes, der eine Aufnahme „aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen“ ermöglicht. Das Bundesinnenministerium kann „zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ die Aufnahme erklären. Die deutschen Botschaften stellen entsprechende Visa für diese Menschen aus, das können auch ständige Vertretungen Deutschlands außerhalb Russlands sein, etwa in der Türkei oder Georgien, wo sich derzeit viele Russen im Exil aufhalten. Die Behörden in Deutschland sind nach Erteilung des Visums befugt, eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Voraussetzung für einen Aufenthaltstitel ist laut Übereinkommen der Regierung, dass die Menschen in Russland konkret bedroht sind. Die deutschen Behörden prüfen demnach den Einzelfall. Für viele bedrohte Putin-Gegner in Russland ist eine Einreise nach Deutschland bisher oftmals mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Viele in Deutschland warten auf eine dauerhafte Lösung.
Ein weniger aufwendiges Visum für den Schengen-Raum gilt nur für maximal 90 Tage. In den vergangenen Wochen hatten das Innenministerium und das Auswärtige Amt über die rechtlichen Kriterien und die Verfahren für die Aufnahme von gefährdeten Regimekritikern aus Russland gestritten. Dabei ging es auch um die Sicherheitsüberprüfung der Menschen aus Russland durch deutsche Behörden. Sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als auch Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) hatten sich für schnellere und unbürokratische Aufenthaltschancen für Putin-Gegner ausgesprochen.
Foto: Kreml (dts)