Führende Ökonomen kritisieren das im Wahlprogramm der Grünen angelegte Konzept für den schuldenfinanzierten Ausbau der Übertragungsnetze.
„Das ist Realitätsverweigerung“, sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm der „Bild“ (Montagsausgabe). Der Staat werde das nicht stemmen können. „Es ist dringend notwendig, privates Kapital zu mobilisieren, um den Netzausbau zu stemmen. Wenn der Staat da die Planung übernimmt, dürfte es nur alles noch teurer werden. Eine derart hohe Schuldenaufnahme verhindern außerdem – zu Recht – die europäischen Fiskalregeln.“ Bei den Grünen seien doch viele junge Menschen engagiert, so die Wissenschaftlerin: „Es ist verrückt, zu beobachten, wie sie sich den Teppich unter den Füßen wegziehen.“
Eine Grünen-Sprecherin widerspricht im Auftrag der Parteispitze: „Die europäischen Fiskalregeln lassen durchaus Spielraum für diese Maßnahme.“ Dieser Spielraum hänge unter anderem vom Wirtschaftswachstum ab.
Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte der Zeitung: „Die Vorstellung, dass Dekarbonisierung ohne Opfer möglich ist, ist eine Illusion. Die Umstellung auf klimaneutrales Wirtschaften ist mit erheblichen Kosten verbunden.“ Die Politik könne versuchen, diese Kosten umzuverteilen, aber die große Mehrheit der Bevölkerung werde sie tragen müssen.
2025 liegt der Betrag, den die Betreiber für Bau und Betrieb der Netze veranschlagen und als Netzentgelte umlegen dürfen („Erlösobergrenze“), bei 11,7 Milliarden Euro. Die prognostizierten Investitionskosten für den Ausbau der deutschen Übertragungsnetze belaufen sich bis zum Jahr 2045 auf rund 328 Milliarden Euro.
Die Netzentgelte für Unternehmen und private Verbraucher sollen dem Grünen-Plan zufolge abgeschafft, der Netzausbau stattdessen durch Schulden finanziert werden. Man übernehme „die Netzentgelte für die überregionalen Stromleitungen aus dem Deutschlandfonds“, heißt es im Wahlprogramm. Dieser „Deutschlandfonds“ soll neu eingerichtet und mit Krediten in Milliardenhöhe gefüllt werden.
Foto: Strommast (Archiv) [dts]