Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) geht in der Debatte um mögliche Koalitionen der Union nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar auf Distanz zu den Grünen.
„Es ist fast drei Monate vor einer Wahl sicher nicht der richtige Zeitpunkt, Koalitionen zu planen oder auszuschließen. Das wird auch den Erwartungen der Menschen in dieser Zeit nicht gerecht. Aber so viel kann ich sagen: SPD und FDP sind uns in vielen Punkten inhaltlich näher als die Grünen“, sagte Wüst der „Welt am Sonntag“.
Wüst führt eine schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen und verweist regelmäßig auf die gute Zusammenarbeit des Regierungsbündnisses. Koalitionen mit den Grünen auszuschließen, wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), lehnte er stets ab. „Zugleich zeigen wir in den Ländern, dass auch erfolgreiche Koalitionen zwischen einer starken CDU und den Grünen möglich sind“, sagte er daher. „Aus meiner persönlichen Erfahrung in Nordrhein-Westfalen weiß ich aber auch: Die FDP kann ein verlässlicher Partner sein. Es mag gerade in Mode sein, auf die FDP einzuhauen. Ich mache da nicht mit. Wir sollten fair miteinander umgehen.“
Auch das Vorgehen der FDP beim Platzen der Ampel bringe ihn zu keiner anderen Einschätzung. „Ich sage das unabhängig davon, wer welchen Anteil am Ende der Koalition im Bund hat. Unsere Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen mit der FDP waren gut. Die Bereitschaft zur gemeinsamen politischen Arbeit muss unter demokratischen Parteien immer da sein“, so Wüst. An die Adresse der Grünen sagte der Ministerpräsident: „Grundsätzlich sind die Bundesgrünen gut beraten, auf ihre Kolleginnen und Kollegen in den Ländern zu schauen, die in vielerlei Hinsicht deutlich pragmatischer sind.“
Im Falle eines Wahlsiegs will die Union Wirtschaft und Privathaushalte bei den Energiepreisen entlasten. Wüst sagte dazu: „Die Netzentgelte müssen massiv runter. Sie dürfen nicht den Verbrauchern in Rechnung gestellt, sondern müssen vom Steuerzahler übernommen werden.“ Der Netzausbau sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsse deswegen auch aus Steuermitteln finanziert werden.
Trotz der aktuellen Herausforderungen solle Deutschland an den gesetzten Klimaschutzzielen festhalten, so Wüst. Dabei macht er eine Einschränkung bezüglich des angestrebten Zieldatums 2045. „Wir wollen klimaneutral werden und ein starkes Industrieland bleiben, weil das der Garant ist für gut bezahlte Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Stabilität. Wir müssen beim Klimaschutz weiter ambitioniert sein und sollten deshalb bei 2045 als Zielsetzung bleiben, sofern die Erreichung nicht Arbeitsplätze gefährdet“, erklärte der Christdemokrat.
Die Schuldenbremse, die derzeit in der CDU debattiert wird, verteidigt Wüst. „Das Prinzip der Schuldenbremse hat sich bewährt. Für mich steht im Mittelpunkt aller Überlegungen dazu, dass jede Generation mit dem auskommen muss, was sie selbst erwirtschaftet. Wo kommt diese traumwandlerische Gewissheit her, dass unsere Probleme größer sind als die unserer Kinder?“, so der Ministerpräsident.
Foto: Hendrik Wüst (Archiv) [dts]