Zweieinhalb Monate vor der geplanten Bundestagswahl fordert Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) den CSU-Vorsitzenden Markus Söder auf, sein kategorisches Nein zu einer möglichen schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl aufzugeben.
„Die Unterschiede, die Demokraten untereinander haben, sind immer kleiner als die Unterschiede zu denen, die diese Demokratie zerstören wollen“, sagte der Spitzenkandidat seiner Partei für die nächste Baden-Württemberg-Wahl dem „Tagesspiegel“ an die Adresse des bayerischen Ministerpräsidenten gerichtet.
„Es sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein, dass Demokraten miteinander koalitionsfähig sind.“ Dies zeigten Grüne und die Union auch „gemeinsam in erfolgreichen Landesregierungen“, so Özdemir. Der frühere Grünen-Chef kritisiert Söders Haltung zu Schwarz-Grün scharf. „Für alle demokratischen Kräfte muss gelten: Erst das Land, dann irgendwann die Partei, ganz zum Schluss die Person“, sagte Özdemir: „Wer das anders sieht, muss sich fragen lassen, ob er verstanden hat, was demokratische Verantwortung ist.“
Auch unionsintern nimmt die Kritik zu. Die Wähler goutierten keine „Nabelschau“, sondern wollten mit entsprechenden Inhalten ihre Sorgen aufgegriffen wissen, weshalb es den Diskussionen um Koalitionen an Sinn und Demut fehle, beklagte der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke. „Spätestens, wenn dir Sahra Wagenknecht öffentlich recht gibt, sollte Herr Dr. Söder verstanden haben, dass auf dieser Debatte kein Segen liegt“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Wenn Um-sich-selbst-kreisen olympisch wäre, gäbe es aktuell einige Favoriten auf die Goldmedaille.“
Foto: Markus Söder (Archiv) [dts]