Ifo-Institut will „Wachstumsagenda 2030“

Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, mahnt eine Trendwende in der Wirtschaftspolitik an. Es gelte vor allem, Investitionen zu fördern, Effizienz zu steigern und Steuer- und Transfersysteme anzupassen, sagte er am Montag im Rahmen der Munich Economic Debates und schlug eine „Wachstumsagenda 2030“ vor.

„Deutschland steht angesichts neuer geopolitischer Risiken, des fortschreitenden Klimawandels und fehlender Wirtschaftsdynamik vor enormen Herausforderungen, jetzt müssen viele Themen parallel adressiert werden“, sagte Fuest.

Deutschland befinde sich in einer problematischen wirtschaftlichen Situation, insbesondere im Hinblick auf die schrumpfende Bruttowertschöpfung der Unternehmen, die sinkende Zahl von Arbeitsstunden pro Beschäftigtem und den Rückgang von Unternehmensinvestitionen. Letztere lägen deutlich unter dem Wert von 2019.

Damit Deutschland wieder Erfolgsgeschichten schreiben könne, bräuchte es laut Fuest Fortschritte bei der Anpassung an die Klimaerwärmung bei gleichzeitigem Anstieg des Energieangebots. Deutschland müsste durch die Anwendung neuer Technologien, wie Künstlicher Intelligenz, in Staat und Unternehmen erhebliche Produktivitätsfortschritte erzielen.

Es bräuchte einen massiven Strukturwandel zu mehr Wertschöpfung bei mittelständischen Firmen, Hidden Champions und erfolgreichen Start-ups, der den Rückgang im Automobilbau und bei energieintensiven Industrieunternehmen überkompensiert, drängte der ifo-Chef. Eine vermehrte Zuwanderung von Arbeitskräften und eine Verlängerung der Arbeitszeit pro Beschäftigtem müsste das Arbeitsangebot stabilisieren.

Schließlich müsste Deutschland durch einen vertieften europäischen Binnenmarkt, neue Handelsabkommen und eine bessere Verteidigungsfähigkeit weniger anfällig sein für Veränderungen der geopolitischen Lage. Aus diesem Zielbild ergibt sich laut Fuest die Notwendigkeit, die Wirtschaftspolitik deutlich zu verändern: eine Neuausrichtung der Staatsausgaben hin zu Investitionen in Verteidigung, Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur und weg von nicht zielgenauen und Beschäftigung hemmenden Sozialtransfers, Subventionen und sonstigen nicht prioritären Staatsausgaben.

Es brauche eine neue Energiepolitik, in der Klimaziele über Marktmechanismen erreicht werden und in der auch Atomenergie wieder genutzt wird, so der Ökonom. Ein radikaler Abbau von Bürokratie, auch über die Abschaffung verfehlter Regulierungen, sei nötig, sagte Fuest. Außerdem brauche es ein Steuersystem, das Arbeit und Investitionen entlastet und gleichzeitig Konsum und Grunderwerb stärker belastet.

Außerdem wären laut Fuest eine eigene Agenda für mehr Innovationen und Start-ups geboten sowie eine Vertiefung des europäischen Binnenmarktes und neue Freihandelsabkommen.

Als Beispiel für den Umgang mit geopolitischen Herausforderungen führte Fuest die israelische Wirtschaft an. Dort finanziere man die hohen Kriegskosten mit einer Mischung aus erhöhter Neuverschuldung, einer Erhöhung der Umsatzsteuer sowie der Kürzung anderer Ausgaben. Trotz der ständigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Krisen sei es gelungen, in Israel die Staatsschulden zu begrenzen, in Bildung zu investieren und eine der weltweit erfolgreichsten Start-up-Strukturen aufzubauen.


Foto: Container (Archiv) [dts]

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