Die gesetzlich Krankenversicherten geben für selbst zu zahlende, aber oft fragwürdige Leistungen in den Arztpraxen deutlich mehr Geld aus als bisher angenommen. Das ergibt sich aus dem neusten Report des Medizinischen Dienstes Bund zu den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGEL), der am Dienstag offiziell vorgestellt werden soll und über den das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagaugaben) in Auszügen berichtet.
Der Gesamtumsatz aller IGEL-Angebote liegt demnach „sehr weit über dem bisher geschätzten Umsatzvolumen von rund 1 Milliarde Euro“. Die Experten des Medizinischen Dienstes Bund kommen zu ihrer Schätzung, weil sie die Umsatzzahlen der beliebtesten IGEL-Angebote durch eine Umfrage unter Versicherten und eine anschließende Hochrechnung ermittelt haben.
Danach werden allein mit dem Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung 143 Millionen Euro umgesetzt. Für die Früherkennung eines Glaukoms (grüner Star) durch eine Augeninnendruckmessung in Kombination mit einer Augenspiegelung haben Versicherte 100 Millionen Euro bezahlt, für die PSA-Bestimmung zur Früherkennung von Prostatakrebs 52 Millionen Euro.
Allein diese drei Angebote kommen bereits auf einen jährlichen Umsatz von fast 300 Millionen Euro. Die Gesamtzahl der IGEL-Angebote ist unbekannt. Schätzungen gehen von mehreren Hundert aus, wobei der Markt als völlig intransparent gilt.
IGEL-Angebote sind vor allem deshalb in der Kritik, weil sie in der Mehrzahl der Fälle für die Versicherten keinen Nutzen haben oder sogar schädlich sind – und dennoch von einigen Ärzten intensiv beworben werden.
Der vom Medizinischen Dienst Bund angebotene IGEL-Monitor hat aktuell 56 Angebote bewertet – davon 30 Leistungen entweder mit „tendenziell negativ“ oder „negativ“. In diese Gruppe fallen auch die drei genannten IGEL-Angebote. 23 IGEL-Angebote haben das Ergebnis „unklar“. Nur drei Selbstzahlerleistungen haben die Experten mit „tendenziell positiv“ bewertet. Eine uneingeschränkt „positive“ Bewertung hat keine einzige Leistung erhalten.
Foto: Ärztehaus (Archiv) [dts]