Die Ökonomin Veronika Grimm sieht einen Richtungswechsel bei den Wirtschaftsweisen und begründet damit ihre Minderheitsvoten im neuen Jahresgutachten. „In der Vergangenheit habe ich oft die Meinung der Mehrheit geteilt, aber die Ausrichtung der Empfehlungen hat sich verschoben“, sagte Grimm dem „Spiegel“.
„Für solche Fälle hat jedes Ratsmitglied das Recht, eine Minderheitsmeinung zu formulieren.“ Grimm sagte weiter, unter dem früheren Vorsitzenden Lars Feld seien abweichende Ansichten oft ein Ausgangspunkt gewesen, um sich doch noch auf eine gemeinsame Meinung zu einigen.
Auf die Frage, ob unter der heutigen Ratschefin Monika Schnitzer die Kompromissbereitschaft nachgelassen habe, antwortete Grimm: „Das ist schwer zu sagen. Vielleicht sind wir auch inhaltlich weiter auseinander als früher.“
Zwischen Grimm und ihren Kollegen schwelt seit Monaten ein tiefer Konflikt. Er entzündete sich an einem Aufsichtsratsmandat, das Grimm gegen den Willen der anderen Ratsmitglieder beim Energiekonzern Siemens Energy annahm. Mittlerweile klagt sie zudem gegen einen Verhaltenskodex, den die übrigen Ratsmitglieder beschlossen haben.
Grimm hob hervor, sie wolle sich zu der Klage erst vor Gericht äußern. „Bis dahin sollten wir uns auf unsere inhaltliche Arbeit konzentrieren. Und wir sollten nicht in der Presse unseren Streit austragen – das hat die Ampel gezeigt.“
Foto: Veronika Grimm (Archiv) [dts]