Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sieht bei einem Sieg des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump den Fortbestand der Demokratie in den USA in Gefahr. „Wir müssen uns mit dem Schlimmsten beschäftigen“, sagte Voßkuhle dem Nachrichtenportal T-Online.
Falls Trump bei der Wahl gewinnen sollte, sei er diesmal besser vorbereitet als bei seiner ersten Amtszeit. Voßkuhle warnt, dass der republikanische Kandidat versuchen könnte, ein autoritäres System zu etablieren. Es stünden „ungefähr 5.000 Leute bereit, Ämter zu übernehmen und in seinem Sinne zu agieren“.
Voßkuhle befindet sich derzeit zu einem längeren Forschungsaufenthalt in den USA. Er stellt fest, dass die demokratische Entwicklung der USA einen „Kipppunkt“ erreichen könnte. Der Begriff Kipppunkt kommt aus der Klimaforschung und bezeichnet einen Moment, von dem an eine Entwicklung ihren Lauf nimmt, ohne dass fortan mäßigend Einfluss darauf genommen werden kann.
Mit Blick auf Deutschland sieht Voßkuhle für die jüngsten Wahlerfolge von AfD und BSW eine Verantwortung bei der regierenden Ampelkoalition. Niemand sei, „unabhängig aus welchem politischen Lager, begeistert von dem, was die Regierung im Augenblick leistet“. Viele wünschten sich in dieser Lage einen Bundeskanzler, „der noch klarer Dinge kommuniziert und vielleicht einige Entscheidungen auch etwas energischer trifft“, fügte der Jurist hinzu.
Deutschland sei in einer schwierigen Situation und habe einen Reformstau in vielen Bereichen. Vor diesem Hintergrund habe „man nicht das Gefühl, dass der Gordische Knoten hier durchschlagen werden kann, sondern dass sich die drei Koalitionäre blockieren und sich selbst das Leben schwermachen“.
Er begrüßt im Grundsatz zwar die Bemühungen der Ampelkoalition und der Union, das Bundesverfassungsgericht besser gegen politische Einflussnahmen zu schützen. Man habe diesen Schutz „in gewisser Weise vergessen, weil das gut lief“. Nun aber sei die Verfassungsgerichtsbarkeit global unter Druck geraten, sagte Voßkuhle mit Blick auf die USA, Polen und Ungarn.
Den Versuch eines Parteiverbots etwa der AfD sieht der frühere oberste Verfassungshüter dennoch kritisch. Dies sei „das schärfste Schwert der Demokratie“, damit ermorde man seinen politischen Gegner, so Voßkuhle. Die Hürden dafür seien daher zu Recht sehr hoch, „und deshalb ist es nicht so einfach, dass man von einem Verfassungsschutzbericht und Äußerungen einzelner AfD-Politiker auf ein Parteiverbot schließen kann“.
Foto: Donald Trump (Archiv) [dts]