Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht hält sich eine Kanzlerkandidatur für ihre Partei offen. „Es entsteht ein gewisser Druck, wenn selbst die Grünen mit aktuell zehn Prozent einen Kanzlerkandidaten küren“, sagte Wagenknecht dem „Stern“. „Wir schauen, wo wir als BSW nächstes Jahr stehen, und werden dann entscheiden.“
Aktuell liegt das BSW in den Umfragen bei bis zu neun Prozent, und damit nur knapp hinter den Grünen (elf Prozent), die dem Vernehmen nach mit Robert Habeck als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen wollen. Die AfD, in der mit Alice Weidel erstmals eine Kanzlerkandidatin antreten möchte, erreicht bis zu 19 Prozent.
Wagenknecht sagte, dass sie die Entwicklung zu mehr Kanzlerkandidaturen kritisch sehe. „Eigentlich sollten nur Parteien Kanzlerkandidaten aufstellen, die eine gewisse Aussicht haben, auch tatsächlich die nächste Bundesregierung zu führen“.
Eine Zusammenarbeit mit der CDU unter Friedrich Merz nach der nächsten Bundestagswahl schließt Wagenknecht derweil kategorisch aus. „Eine Koalition mit Leuten wie Friedrich Merz, die der Atommacht Russland mal eben den Krieg erklären wollen, ist ausgeschlossen“, sagte Wagenknecht dem „Stern“. Merz stehe „für Blackrock-Kapitalismus“ und weniger für den Schutz von Mittelstand und fairem Wettbewerb.
Die BSW-Vorsitzende wies den Vorwurf, die CDU mit ihren außenpolitischen Bedingungen zerstören zu wollen, als „lächerlich“ zurück. „Wenn jemand die CDU zerstört, dann ist sie das selbst“, sagte sie. „Die hochgefährliche Außenpolitik von Merz wollen viele nicht, vor allem im Osten.“ Unter Bezug auf die Sondierungsgespräche in Sachsen und Thüringen mit der Union erklärte Wagenknecht: „Die CDU muss entscheiden, was sie will. Wenn sie ernsthaft mit uns regieren möchte, muss sie auch auf uns zugehen.“
Wagenknecht lobte hingegen den früheren CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl. Deutschland sei in dessen Regierungszeit „in vielen Punkten besser“ aufgestellt gewesen. „Kohl setzte in der Außenpolitik auf Interessenausgleich und widersprach den Amerikanern, wenn es notwendig war“, sagte sie. Laut Wagenknecht war die soziale Spaltung unter Kohl „bei weitem“ nicht so tief wie heute. „Es gab nicht diesen großen Niedriglohnsektor, die Mieten waren bezahlbar, das Rentenniveau deutlich höher, auch der Kassenpatient bekam zeitnah einen Arzttermin“, sagte die Bundestagsabgeordnete.
Foto: Sahra Wagenknecht (Archiv) [dts]