Immer mehr Bürger in Deutschland sind nach Angaben des Sozialverbands VdK von Armut betroffen. Leider könne man in Deutschland von einem wachsenden und sich verfestigenden Sockel an Armut sprechen, sagte VdK-Chefin Verena Bentele der Mediengruppe Bayern.
„Untersuchungen des letzten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung haben gezeigt, dass sich Armut verfestigt. Wer arm ist, hat immer weniger Chancen, die Armut zu überwinden. Dazu kommt, dass Armut immer stärker vererbt wird“, so Bentele. „Kinder, die in Armut aufwachsen, werden viel zu oft zu armen Erwachsenen. Es ist kaum möglich, sich durch Arbeit in eine andere soziale Schicht hoch zu kämpfen“, beklagte die VdK-Präsidentin. Wer in Vollzeit im Niedriglohnsektor arbeite, könne davon oft nicht mehr die hohen Lebenshaltungskosten stemmen, geschweige denn etwas ansparen.
Das Ausmaß der Armut in Deutschland kann nach Ansicht Benteles auch den sozialen Frieden bedrohen. „Die größten Armutstreiber sind momentan die hohen Preise für Miete, Energie und Lebensmittel – also existenzielle Dinge, die jeder braucht und auf die keiner verzichten kann.“ Wenn selbst Menschen mit durchschnittlichen Einkommen das nicht mehr bezahlen könnten oder die große Angst haben, es bald nicht mehr zu können, berge das „immensen sozialen Sprengstoff“.
Leider sehe man jetzt, dass die Menschen sich entsolidarisierten. „Wer selbst unter hohem Druck steht, hat kein Verständnis dafür, dass jemand anderes staatliche Unterstützung erhält. Bedauerlicherweise wird dieses Unsicherheitsgefühl politisch durch populistische Kampagnen ausgeschlachtet, um den Sozialabbau voranzutreiben.“ Doch diese Debatten verschleierten die wahren Probleme und verhinderten, dass wirklich notwendige Maßnahmen diskutiert würden.
Um eine soziale Explosion abzuwenden, „braucht es den Ausbau der sozialen Infrastruktur, also mehr Förderung für Kinder in Armut, Investition in Bildung, bessere Ausstattung der Jobcenter und eine Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme“. Bentele fordert die Politik auf, nicht nur auf die Ausgabenseite zu schauen, sondern Gerechtigkeit bei den Einnahmen herzustellen. „Große Unternehmensgewinne müssen in dem Land versteuert werden, in dem sie erzielt werden. Es braucht zudem endlich eine Vermögens- und eine effektive Erbschaftssteuer. Steuerschlupflöcher müssen geschlossen und Steuerhinterziehung ernsthaft verfolgt werden.“
Foto: Bettlerin (Archiv) [dts]