Klimaforscher Latif hält Klimakonferenzen für „nicht zielführend“

Der Klimaforscher Mojib Latif hält Klimakonferenzen für „nicht zielführend“.

Vor dem Gipfel in Aserbaidschan kritisiert er das Festhalten am Pariser 1,5-Grad-Ziel scharf: „Ich finde es geradezu lächerlich, dass sich die Weltpolitik immer noch an dem 1,5-Grad-Ziel festhält – das ist de facto doch längst gerissen“, sagte er der Mediengruppe Bayern. „Wir hatten schon viele Monate, auch einen Zwölf-Monats-Zeitraum, in denen wir das übertroffen haben. Es hat daher etwas von Realitätsverweigerung, wenn man immer noch diesen Zielwert beschwört.“

„Wir werden auch die Zwei-Grad-Marke reißen“, sagte der Klimaforscher voraus. Die Erderwärmung könne nur in einigermaßen hinnehmbaren Grenzen gehalten werden, wenn man schleunigst drastische Maßnahmen ergreifen würde. Die Erklärungen der letzten Weltklimakonferenzen hätten aber den Willen dazu nicht vermittelt. „Nach 28 vorangegangenen Weltklimakonferenzen, mehr als einem Vierteljahrhundert, ist immer noch kein wirklicher Durchbruch erzielt worden, obwohl wir Jahr für Jahr von immer neuen historischen Durchbrüchen hören.“

Latif sieht die Klimapolitik von den vielen Krisen und Kriegen in der Welt ins Abseits gedrängt. „In Deutschland ist aktuell, vielleicht abgesehen von den Grünen, den anderen politischen Parteien der Mut zum Klimaschutz weitgehend abhandengekommen. Das zeigt mir, dass das Thema immer noch nicht ernst genommen wird, obwohl die Anzeichen in Form von Extremwetter und Katastrophen sich ja ständig mehren.“

Lediglich ein „Kurieren an den Symptomen“ nennt Latif die in Baku erwartete Vorlage nationaler Klimaschutzpläne und die Auslobung höherer Hilfsmittel für arme Länder. „Diese Klimakonferenzen werden nie zu einem Ziel führen. Man kann sich auch tot verhandeln. Handeln statt verhandeln sollte das Motto sein.“

Trotzdem sieht er einen Sinn in diesen Konferenzen. „Sie lenken immer wieder den öffentlichen Blick in der Welt auf das Thema Klima. Das ist nicht zu unterschätzen. Zum zweiten hört man mindestens einmal im Jahr auf die armen Länder, was das Thema Klimaveränderung für sie bedeutet.“ Zudem werde die Aufmerksamkeit auf neue Technologien geleitet, die helfen könnten, mit dem Problem umzugehen. Aber den eigentlichen Zweck, die Treibhausgas-Emissionen deutlich sinken, erfüllten die Konferenzen nicht.


Foto: Fridays-for-Future-Protest (Archiv) [dts]

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