Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßt, verstärkt Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen durchzuführen, aus Sorge um den europäischen Schengenraum aber zugleich Vorsicht in der praktischen Umsetzung angemahnt.
„Wir wollen die wunderschöne Errungenschaft offener Grenzen in Europa auch bewahren“, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Dienstagsausgabe). „Aber das verlangt auch sichere Außengrenzen, die wir so im Moment nicht haben. Bis dahin brauchen wir die Zurückweisungen als Notlösung.“ Gerade angesichts der bei den jüngsten Landtagswahlen offenkundig gewordenen „Vertrauenskrise“ sei dies „vielleicht die letzte Chance für die demokratischen Parteien, Probleme wie die der ungenügend regulierten Migration oder der Kriminalität wirksam zu bekämpfen.“
Vor dem geplanten nächsten Gespräch von Ampel-Regierung und Unionsfraktion im Bundestag über weitere politische Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Solingen am Dienstag forderte Reul, dass „umsichtig“ gehandelt werde: „Wir sollten die strengen Grenzkontrollen und Zurückweisungen nicht flächendeckend einführen, sondern nur dort, wo sie den meisten Erfolg versprechen.“ So hätten Brandenburg und Sachsen schon mit der jetzigen Form der Grenzkontrollen beeindruckende Fahndungserfolge erzielt.
Nordrhein-Westfalen hatte sich im Gegensatz zu anderen Bundesländern zu Beginn der Corona-Pandemie gegen die Schließung von Grenzen ausgesprochen. „Die Reform des EU-Asylsystems tritt erst in zwei Jahren in Kraft. Von Abkommen mit Europas Anrainerstaaten ist zwar oft die Rede, in der Praxis aber noch fast nichts zu sehen“, sagte Reul weiter: „Solange unsere Außengrenzen also nicht effektiv geschützt sind, unsere EU-Partner die Dublin-Regeln nicht konsequent anwenden und bei ihnen angekommene Asylbewerber zu uns weiterziehen lassen, müssen wir national handeln.“
Foto: Grenzübergang Deutschland – Niederlande (Archiv) [dts]