Die juristische Aufarbeitung des Steuerskandals um sogenannte Cum-ex-Geschäfte kommt nur langsam voran. Das zeigt die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken, über die der „Spiegel“ berichtet. Demnach waren bis Ende 2023 380 Fälle in Arbeit und 174 Fälle rechtskräftig abgeschlossen, ein Zuwachs von lediglich 25 Fällen gegenüber dem Vorjahr.
Bei Cum-Ex-Geschäften verschoben Investoren Aktien rund um den Dividendenstichtag hin und her und ließen sich dann Kapitalertragsteuern erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Dem Staat entstand dadurch laut Schätzungen ein Schaden von rund zehn Milliarden Euro. Bis Ende 2023 wurden von den Behörden jedoch lediglich 3,1 Milliarden Euro zurückgefordert, oder es wurde eine Erstattung abgelehnt. Das Finanzministerium erklärt dazu, in einzelnen Fällen ändere sich das Volumen im Laufe der Ermittlungen – zum Beispiel, weil sich ein ursprünglicher Verdacht nicht bestätige.
Noch bescheidener fällt die Bilanz für sogenannte Cum-Cum-Geschäfte aus, bei denen Aktien zwischen ausländischen und inländischen Anlegern verschoben wurden. Hier könnte der entstandene Schaden sogar rund 35 Milliarden Euro betragen. Bis Ende 2023 wurden jedoch nur 76 Verfahren mit einem Volumen von 205 Millionen Euro abgeschlossen – im Vorjahr waren es noch 237 Millionen Euro und nur 54 Fälle.
Als Grund für die geringeren Summen heißt es aus dem Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die Ermittlungen zu Cum-ex-Transaktionen hätten vor denen zu Cum-cum-Modellen begonnen und seien deshalb weiter vorangeschritten. Noch immer seien „nur die Krümel der Steuerschäden zurückgeholt worden, vor allem bei den weniger bekannten Cum-Cum-Geschäften“, sagte Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag.
Die Organisation „Finanzwende“ befürchtet, dass die Aufklärung zusätzlich erschwert werden könnte. Komme eine von der Bundesregierung geplante Verkürzung von Aufbewahrungspflichten für Belege, könnten viele Täter die Beweise legal vernichten. „Ermittlungen sind dann quasi unmöglich, eine Zurückholung des Geldes ebenso“, sagte Anne Brorhilker, Geschäftsführerin der Organisation.
Foto: Justizzentrum (Archiv) [dts]