Die Ausweitung der Grenzkontrollen stellt die Bundespolizei vor größere personelle Probleme als bisher bekannt. Um die Anordnungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ausführen zu können, ordnete die Behörde auch Kräfte von Bahnhöfen oder Flughäfen ab, wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Bedienstete der Bundespolizei berichtet.
Die Personalverschiebungen seien demnach noch überschaubar und nicht flächendeckend. Sie beträfen aber große Flächenländer. Von den Inspektionen Würzburg und Nürnberg, zuständig jeweils für die dortigen Bahnhöfe, seien beispielsweise jeweils fünf Beamte vorübergehend für Kontrollen an der Grenze zu Österreich zur Dienststelle Freilassing beordert worden. Dort hätten auch Beamte Dienst verrichten müssen, die eigentlich für den Schutz des Münchner Flughafens und des Münchner Bahnhofs zuständig seien.
Ähnliche Rochaden habe es in Nordrhein-Westfalen gegeben. Für die neu eingeführten Kontrollen an der Westgrenze seien Auszubildende herangezogen worden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte, die Ausweitung der Grenzkontrollen dürfe nicht dazu führen, dass Beamte von Dienststellen im Inland abgezogen würden. „Das geht auf Kosten der Sicherheit“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der „Welt am Sonntag“. „Wir sollten auch nicht versuchen, unsere Löcher im Personalbestand zu stopfen, indem wir an den Grenzen jetzt unseren Nachwuchs einsetzen“, sagte Roßkopf. Darunter könne die Qualität der Ausbildung leiden.
Die EU-Binnengrenze zu Österreich wird aufgrund der dortigen Routen illegaler Migration bereits seit September 2015 kontrolliert. Seit rund einem Jahr kontrolliert die Bundespolizei auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz. Vor rund zwei Wochen ordnete Faeser auch stichprobenartige Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark an.
Die GdP hält die Kontrollen laut Vorstand Roßkopf angesichts des Migrationsdrucks zwar für notwendig. Die ersten Tage an der Westgrenze zeigten aber, dass Schleuser ausweichen und nur selten aufgegriffen würden. Folglich habe es an der Westgrenze auch nur eine geringe Zahl an Zurückweisungen gegeben. Die Bundespolizei müsse effektiver werden, etwa durch den Einsatz zusätzlicher Technik.
„Auch müssen wir zusehen, dass wir dauerhaft mehr Personal an die Grenzinspektionen bekommen“, sagte Roßkopf. „Es wurde über Jahre versäumt uns zu einer moderneren Grenz- und Fahndungspolizei voranzubringen.“ Wenn sich nichts ändere, fahre die Bundespolizei „auf Verschleiß“.
Ein Sprecher der Bundespolizei räumte auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ ein, dass die für die Grenzkontrollen zuständigen Beamten „von Unterstützungskräften aus anderen Dienststellen“ verstärkt würden. Ein Sprecher des Innenministeriums versicherte, wenn Einsatzkräfte anderer Dienststellen für Kontrollen eingesetzt würden, „so geschieht dies nicht zulasten der sonstigen gesetzlichen Aufgaben, insbesondere an Flughäfen und Bahnhöfen“. Die Bundespolizei könne ihre Aufgaben „vollumfänglich erfüllen“.
Die Grenzkontrollen wurden zunächst für sechs Monate angeordnet, über eine Verlängerung werde das Ministerium im Februar 2025 entscheiden. Für eine Bilanz sei es noch zu früh.
Foto: Bundespolizei im Bahnhof (Archiv) [dts]