Bauindustrie und Speditionen fordern Infrastruktur-Sondervermögen

Angesichts der maroden Infrastruktur dringt die deutsche Bauindustrie auf ein Sondervermögen. „Ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur könnte einen großen Konjunkturimpuls auslösen“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).

„Jeder geförderte Euro im Bau löst private Folgeinvestitionen von 2,5 Euro aus“, so Müller. Ein Sondervermögen müsse sich über einen Zeitraum von 20 Jahren erstrecken, sagte er. Wichtig sei die Zweckgebundenheit, parallel müsse es eine Strukturdebatte im Haushalt geben.

Eine Lockerung der Schuldenbremse sei dagegen nicht der richtige Weg. Laut Müller gibt es bei der Infrastruktur einen Sanierungsstau von 372 Milliarden Euro. „Der Zustand der Infrastruktur ist die Achillesferse in Deutschland, sowohl für die Mobilität der Bürger als auch für die Wirtschaft. Wir können noch so viel produzieren: Wenn die Güter nicht vom Hof kommen, weil unsere Straßen, Schienen und Wasserwege nicht funktionieren, dann nützt uns das alles nichts“, sagte der HDB-Geschäftsführer.

Die fehlende Planungssicherheit führe zu einer skurrilen Situation, beklagte Müller: „Im Sommer haben Bauunternehmen darüber nachgedacht, ihre Brückenbauabteilungen zu schließen, weil man nicht ausreichend ausgelastet ist.“

Auch der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik fordert ein Sondervermögen. „Wichtig wäre auch, das Planungsrecht zu beschleunigen und eine neue Finanzierungsarchitektur zu schaffen, die mehr Spielraum für Investitionen schafft und nicht sklavisch an ein kalendarisches Haushaltsjahr gebunden ist. Dies könnte beispielsweise durch ein aus dem Haushalt herausgelöstes Sondervermögen `Verkehrsinfrastruktur` geschehen“, sagte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster den Funke-Zeitungen.

Weil Straßen, Schienen- und Wasserwege seit Jahrzehnten vernachlässigt würden, sei das Logistikgeschäft durch Sperrungen und Staus immer schwieriger. „In direkter Folge verschlechtern sich auch die Standortbedingungen für Industrie und Handel, die zur Aufrechterhaltung ihrer Absatz- und Beschaffungswege auf stabile Lieferketten durch eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen sind“, sagte Huster.

Volker Treier, Mitglied der Hauptgeschäftsführung bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) bemängelte die derzeitige Geschwindigkeit bei der Erneuerung und dem Ausbau der Infrastruktur. „Die Sanierung maroder Brücken sollte deutlich beschleunigt werden. Damit dies gelingen kann, sind ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen. Zudem sollte geprüft werden, inwieweit durch mehr Standardisierung und eine weitere Straffung der Planungs- und Genehmigungsverfahren eine Verkürzung der Umsetzungszeiträume möglich ist“, sagte Treier den Funke-Zeitungen.

Er verwies dabei auf die 2018 in Genua eingestürzte Morandi-Brücke, die binnen zwei Jahren wieder aufgebaut worden sei. In Deutschland komme es dagegen derzeit zu erheblichen Problemen für die Wirtschaft. „Dies führt zu Mehrkosten und kann sogar existenzgefährdend sein“, warnte Treier.


Foto: Einsturz der Carolabrücke am 11.09.2024 [dts]

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