Im Haushaltsstreit der Ampelkoalition hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf das Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert.
„Ich fühle mich von der Botschaft des Kanzlers nicht angesprochen“, sagte der FDP-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). „Es gibt Unterschiede in der Interpretation der Stellungnahmen, aber mein Ministerium hat nie vertreten, dass die Vergabe von Darlehen prinzipiell verfassungswidrig wäre.“
Lindner fügte hinzu, solche Darlehen dürften nicht so ausgestaltet sein, dass es in Wahrheit verdeckte Zuschüsse seien. „Dann wäre es eine Umgehung der Schuldenbremse und damit ein Bruch der Verfassung. Außerdem kann die Ersetzung von Zuschüssen durch Darlehen möglicherweise unwirtschaftlich sein.“
Scholz hatte ungewöhnlich deutliche Worte an die Adresse Lindners gerichtet: „Es bleibt ein Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte.“
Kritik aus der Koalition an seinem Vorgehen ließ Lindner nicht gelten. „Wir haben einen Haushaltsentwurf beschlossen, der noch einen Handlungsbedarf von 17 Milliarden Euro umfasst. Dazu wurden insbesondere drei verfassungsrechtliche und ökonomische Prüfaufträge verabredet“, sagte er. „Dem Bundestag war zugesagt, die erforderlichen Stellungnahmen eines juristischen Gutachters und des Wissenschaftlichen Beirats beim Finanzministerium zur Verfügung zu stellen. So ist es gekommen.“
Auf die Nachfrage, ob es guter Stil sei, die Koalitionspartner öffentlich zu überrumpeln, sagte der Finanzminister: „Ich habe mich an das vereinbarte Verfahren gehalten. Die Gutachten sind nicht geheim. Vertraulich sind die Beratungen zu den Konsequenzen daraus.“
Lindner kündigte an, der Haushaltsentwurf werde planmäßig Mitte August dem Bundestag zugeleitet. „Ende November soll planmäßig der Bundestag beschließen. Bis dahin werden noch viele offene Fragen zu beantworten sein. Übrigens kommen ja auch noch Wirtschaftsprognosen, die eingearbeitet werden.“ Unter dem Strich gehe es um eine Lücke von fünf Milliarden Euro. „Das kann man bei gutem Willen lösen“, sagte er. „Ich werde allerdings in Interviews keine Vorschläge machen. Das wäre dann schlechter Stil.“
Darauf angesprochen, dass der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bereits den Vorschlag gemacht habe, im Sozialetat und bei der Entwicklungshilfe zu kürzen, sagte Lindner: „Es ist kein Geheimnis, dass die FDP-Fraktion hier weiteres Potential sieht.“ Zugleich kritisierte er, aus SPD und Grünen kämen „Vorschläge zu Steuererhöhungen und Notlagenbeschlüssen, obwohl die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für eine Haushaltsnotlage gewiss nicht mehr vorliegen“.
Foto: Christian Lindner und Olaf Scholz (Archiv) [dts]