Im Fall der antisemitischen Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde ohne weitere Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstagausgabe) unter Berufung auf den Anwalt des Klägers.
Die Beschwerde beim Verfassungsgericht stammt von Michael Düllmann, der seit Jahren versucht, die Schmähplastik gerichtlich entfernen zu lassen. Düllmann hatte argumentiert, als Jude in Deutschland werde er durch das Relief mit der „Judensau“ an der Fassade des Gebäudes in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Verantwortlich dafür sei die Wittenberger Stadtkirche, weil sie die in den Achtzigerjahren sanierte Plastik nicht entfernt habe.
Vor zwei Jahren hatte bereits der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe über Düllmanns Klage verhandelt. Zwar bestätigte der BGH, das Relief sei letztlich eine Schmähung, denn es ziele darauf ab, Juden und ihren Glauben verächtlich zu machen und zu verhöhnen. Es sei kaum eine bildliche Darstellung denkbar, „die in höherem Maße im Widerspruch zur Rechtsordnung steht“. Dennoch wies der BGH die Klage ab, und zwar deshalb, weil die Stadtkirche sich mithilfe einer Bronzeplatte und einem erläuternden Text von dem diffamierenden Inhalt des Sandsteinreliefs distanziert habe. Das „Schandmal“ sei in ein Mahnmal umgewandelt worden, zur Erinnerung an die jahrhundertelange Diskriminierung und Verfolgung von Juden bis zur Shoa.
Düllmanns Anwalt Christian Kirchberg hält es indes nach den Verbrechen des Holocaust ganz generell für inakzeptabel, ein derart abstoßendes Werk in der Öffentlichkeit zu belassen. Ob es doch noch eine Chance gibt, das Relief auf juristischem Weg aus der Öffentlichkeit zu entfernen, ist ungewiss. Düllmann will nun Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erheben.
Foto: Bundesverfassungsgericht (Archiv) [dts]