Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich unzufrieden über das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen gezeigt. „Es wäre üblich, den Haushalt mit einer Deckungslücke von zwei Prozent, also rund neun Milliarden, zu verabschieden“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). „Eine Lücke von zwölf Milliarden ist aber eher unüblich. Weil es zu viele Vorfestlegungen gegeben hat, ist es noch nicht gelungen, sie zu verkleinern.“
Auf die Nachfrage, ob das Bundesverfassungsgericht eine solche Haushaltslücke beanstanden könnte, sagte Habeck: „Natürlich ist und wird der Haushalt verfassungskonform. Am Ende des parlamentarischen Verfahrens rechne ich damit, dass die Lücke übrigens dann kleiner sein wird.“ Es kämen noch Steuerschätzungen, und „das Parlament schichtet in den Haushaltsberatungen immer Geld um“.
Der Vizekanzler bedauerte, dass sich die Koalitionsspitze nicht auf Darlehen für die Autobahngesellschaft verständigen konnte. „Es gab ja eine Lösung, die ich richtig gefunden hätte: Man könnte der Autobahngesellschaft die Möglichkeit geben, Kredite aufzunehmen verbunden mit eigenen Einnahmen“, sagte Habeck. „Voraussetzung sind gesetzliche Änderungen, das hatte der Gutachter des Bundesfinanzministers herausgearbeitet. Diesen Weg konnten wir aber nicht gemeinsam gehen.“
Habeck kritisierte, dass Teile der Gutachten in der Sommerpause öffentlich geworden waren, ohne aber Finanzminister Christian Lindner (FDP) beim Namen zu nennen. „So ein Vorgehen führt immer dazu, dass jemand das Gesicht verlieren könnte oder seine Interpretation zurücknehmen muss“, so Habeck. „Das hat die Haushaltsverhandlungen nicht leichter gemacht.“
Der Wirtschaftsminister machte deutlich, dass er zusätzliche Wachstumsimpulse für erforderlich hält. „Wir brauchen mehr Investitionen, privat wie öffentlich. Aber dafür haben wir wegen der Schuldenbremse in ihrer engen Form zu wenig Spielraum“, sagte er. „Die USA haben etwa ihr Wachstum mit einem steuerlichen Anreizprogramm für Investitionen angekurbelt, die über einen kurzen Zeitraum steuerlich abgeschrieben werden können. Dann könnten die Unternehmen mehr bauen, in digitale Techniken investieren oder Elektroautos kaufen.“
Habeck erinnerte an die Forderung des Industrieverbands BDI nach einem Sondervermögen von 400 Milliarden Euro. „Damit wir aber Investitionen in diesem Umfang stemmen können, wird es Änderungen bei den Fiskalregeln brauchen“, forderte er. „Ich halte eine Schuldenbremse für sinnvoll, nur in ihrer strikten Form hemmt sie Investitionen und ökonomischen Möglichkeiten. Ein bisschen mehr Flexibilität würde schon helfen.“
Eine solche Reform müsse Teil einer gemeinsamen Kraftanstrengung zur Stärkung des deutschen Wirtschaftsstandorts von Regierung und Opposition sein. „Aber so, wie die Dinge liegen, ist es eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode, und wir werden um den Rückhalt dafür kämpfen“, sagte er. „Die deutsche Wirtschaft würde natürlich jetzt ein solche Investitions- und damit Wachstumsprogramm dringend benötigen.“
Foto: Robert Habeck (Archiv) [dts]