Finanzministerium wegen Zeitungsanzeige unter Druck

Das Bundesfinanzministerium steht wegen zwei Zeitungsanzeigen schon seit Monaten unter Druck – nun sind neue Details bekannt geworden.

Das FDP-geführte Haus hatte kurz vor der Europawahl in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ für die „Schuldenbremse“ geworben. Das hatte schon damals den Vorwurf produziert, es handele sich im Grund um Wahlwerbung für die FDP.

Das Bundesfinanzministerium wollte zunächst nicht sagen, wie konkret der Finanzminister und FDP-Chef in die Entstehung der Anzeigen eingebunden war, die Umsetzung und abschließende Auswahl der Anzeigen jedenfalls sei durch den Bereich Kommunikation erfolgt, hieß es. Das ARD-Hauptstadtstudio hat nun aber gemeinsam mit „Abgeordnetenwatch“ E-Mails besorgt, wonach Christian Lindner doch persönlich kräftig mitgemischt hat.

Am 11. April schrieb demnach ein Ministeriumsmitarbeiter eine E-Mail an die zuständige Agentur: „Bei der Gelegenheit bitte ich Sie um Übersendung der beiden neuen FAZ-Anzeige Varianten, wie am Dienstag mit Minister Lindner besprochen.“ Der Minister sei bei einem Termin mit der Rahmenvertragsagentur am 9. April 2024 anwesend gewesen, gab das Ministerium nun zu. Ein Sprecher sagte dem ARD-Hauptstadtstudio dazu: „Am 9. April 2024 wurde neben anderen Themen auch der Komplex Schuldenbremse besprochen. Sofern aus dem Pitch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, erfolgt dies durch den Bereich Kommunikation.“

Nach Einschätzung der Düsseldorfer Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger sei durch die Anwesenheit Lindners beim sogenannten Agentur-Pitch nun der Vorwurf der unerlaubten Parteienfinanzierung nachvollziehbar. „Wenn Lindner bei einem Termin war, bei dem über die Ausgestaltung der Anzeigen gesprochen wurde, dann wird seine Doppelrolle als FDP-Chef und Finanzminister zum Problem für ihn“, sagte sie dem ARD-Hauptstadtstudio. Im Wahlkampf ließen sich die Rollen dann nicht mehr genau trennen. „Insofern muss die Anzeige in FDP-Optik möglicherweise auch dem FDP-Chef zugerechnet werden.“

Die Bundestagsverwaltung muss dem Verdacht gegen Lindner nachgehen. Sollte ein Fall von illegaler Parteienfinanzierung vorliegen, weil öffentliche Gelder für Parteiwerbung ausgegeben wurden, müssten die Liberalen mit einer Strafe rechnen. Normalerweise verhängt die Bundestagsverwaltung in solchen Fällen eine Strafzahlung in dreifacher Höhe der illegalen Spende. Laut Bericht des ARD-Hauptstadtstudios sollen die zwei Anzeigen insgesamt 46.367,74 Euro gekostet haben, die Strafzahlung könnte also rund 140.000 Euro betragen.

Unterdessen hat die Linke hat vor dem Bundesverfassungsgericht ein sogenanntes Organstreitverfahren angestrengt. Darin beantragt sie, festzustellen, dass das Finanzministerium durch die Anzeigen das grundgesetzlich garantierte Recht auf Chancengleichheit der Parteien verletzt hat.


Foto: Finanzministerium (Archiv) [dts]

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