Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth sieht eine Mitverantwortung der Bundesregierung für das starke Abschneiden des Rassemblement National bei der ersten Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen in Frankreich.
„Wir haben uns zu wenig gefragt, wie wir den proeuropäischen, liberalen Präsidenten Macron besser unterstützen können“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses dem Nachrichtenportal Politico. „Wir nehmen zu wenig Rücksicht auf politische Debatten und Probleme in anderen Ländern.“ Die Alternative zu Macron „ist eben kein Sarkozy mehr, sondern eine stramme Rechtsnationalistin wie Marine Le Pen“. Sollte sie die Macht übernehmen, „hätte das auch dramatische Folgen für uns“. Frankreich sei das Herz des vereinten Europas. „Wenn dieses Herz nicht mehr kraftvoll schlägt, droht der EU ein Infarkt.“
Als Beispiel nannte Roth die Sparpolitik der Bundesregierung auf europäischer Ebene und konkret die Ablehnung einer gemeinsamen Schuldenaufnahme in der EU, um gestiegene Verteidigungsausgaben zu finanzieren. „Ich hätte mir sehr hier eine deutsch-französisch-polnische Initiative gewünscht, hier einen ähnlichen EU-Fonds aufzusetzen. Macron fühlt sich alleingelassen“, sagte Roth.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche gegen einen solchen Fonds ausgesprochen, Frankreich hingegen befürwortet diese Initiative. Nur „konkrete Politik“ könne den „Rechtsnationalisten den Wind aus den Segeln nehmen“.
Als Vorbild nannte Roth das Vorgehen von Scholz` Vorgängerin, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), während der Corona-Pandemie. „Jeder der Merkel kennt, weiß, dass sie schon beim Gedanken an schuldenfinanzierte EU-Fonds Pickel bekam“, sagte Roth. „Dennoch hat sie ausnahmsweise Mut bewiesen und mit Macron einen milliardenschweren Wiederaufbaufonds durchgesetzt, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern und mehr für den Klimaschutz zu tun.“
In einigen Ländern Europas würde Deutschland vor allem mit seiner Sparpolitik verbunden. „Das Drängen auf Austerität wird dort als unsolidarischer Egotrip empfunden“, kritisierte Roth. „Sparen auf Kosten anderer, das kommt nicht gut an.“
Foto: Michael Roth (Archiv) [dts]