Kassenärztechef Andreas Gassen hält eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen für „dringend erforderlich“, sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus rechtlicher und politischer Sicht. Dafür forderte er die Einrichtung einer Enquetekommission im Bundestag.
Dabei solle es nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern um die Fragen: „Was ist gut gelaufen? Welche Maßnahmen haben sich als falsch erwiesen oder wurden vielleicht gar nicht wirklich befolgt?“, sagte der KBV-Chef dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Wir brauchen diese Erkenntnisse, um für die nächste Pandemie gewappnet zu sein, die – und das ist möglicherweise nur eine Frage der Zeit – kommen wird.“
In neun der 16 Bundesländer ist eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Politik angelaufen oder bereits abgeschlossen, wie eine Umfrage des RND bei allen Bundesländern ergeben hat. Teils geschieht dies in Untersuchungsausschüssen, Enquetekommissionen oder durch Sonderberichte. In den Ländern ohne Corona-Aufarbeitung sind den Aussagen der Sprecher der Landesparlamente zufolge auch keine Untersuchungen geplant.
Demnach haben die Landtage in Brandenburg, Saarland, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Hessen mit einer Aufarbeitung der Corona-Pandemie begonnen oder sie bereits abgeschlossen.
Zur Bewertung der Corona-Maßnahmen im Nachhinein sagte Gassen: „Mich hat der Absolutheitsanspruch einiger auf die einzig richtige Meinung und die fehlende Kritikfähigkeit in der Politik massiv gestört.“ Kritische Fragen in der Sache seien fast schon reflexhaft als unangebracht und die Frager als Querdenker diskreditiert worden. „Wir haben uns an manchen Bevölkerungsgruppen versündigt, an alten Menschen zum Beispiel, die allein im Altenheim gestorben sind. Oder an Kindern und Jugendlichen, die Kita- und Schulschließungen haben nichts nachhaltig Positives bewirkt“, sagte Gassen.
Foto: Hinweis auf Maskenpflicht (Archiv) [dts]