Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sieht im Ausschluss der AfD-Europaabgeordneten aus der rechten ID-Fraktion ein „Warnsignal“, das „allerdings viel zu spät gekommen“ sei. „Wenn jetzt europaweit selbst bei den Radikalen verstanden wird, dass die die AfD die Radikalsten unter den Radikalen sind“, dann hoffe er, dass das auch die Wähler erkennen und „bei der anstehenden Europawahl ihre Schlüsse draus ziehen“, sagte er der „Mediengruppe Bayern“ (Freitagsausgabe).
Sein Kreuz bei der AfD zu machen sei kein Protest, „sondern eine brandgefährliche Wahl“, so Weber weiter. „Wer die europäische Integration ablehnt und den Dexit will, der gefährdet Hunderttausende von Arbeitsplätzen, Wohlstand und den Frieden in Europa.“
Als „geradezu lächerlich“ bezeichnete es Weber zudem, dass der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, zwar ankündige, den AfD-Bundesvorstand einen Monat früher zu verlassen, gleichzeitig aber Spitzenkandidat bleibe. „Wer im Bundesvorstand nicht mitarbeiten kann, kann erst recht nicht im Europäischen Parlament mitarbeiten“, sagte Weber. Die Erwartungshaltung sei deshalb, dass Krah „jetzt klar ankündigt, dass er sein Mandat nicht annimmt und sich komplett zurückzieht“.
Den Parteien, die im Europaparlament jetzt die AfD aus der gemeinsamen Rechtsaußen-Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) geworfen haben, etwa der italienischen Lega oder der französischen Rassemblement National, warf Weber vor, zuvor mitgeholfen zu haben, die AfD überhaupt erst stark zu machen. „Es ist ja gut, wenn Matteo Salvini und Marine Le Pen Konsequenzen ziehen. Glaubwürdig ist das aber nicht“, sagte Weber. „Genau diese Parteien haben jahrelang die AfD mit aufgebaut und stark gemacht.“ Sie hätten der AfD Plattformen gegeben und sie in ihre Arbeit miteingebunden.
„Jetzt, so kurz vor der Wahl die Reißleine zu ziehen, kommt viel spät.“ Sie müssten sich vorhalten lassen, „einen Beitrag geleistet zu haben, dass diese Nazi-Partei überhaupt erst so stark wurde“ so Weber. „Außerdem sind andere Parteien in der ID ebenfalls toxisch, etwa aufgrund ihrer Putin-Nähe oder ihres Ziels, Europa auszuhöhlen.“
Krah hatte bereits 2023 in einem Buch eine andere Definition der Menschenwürde gefordert. Die Debatte über den AfD-Spitzenkandidaten kam allerdings erst durch mögliche Zahlungen aus Russland, Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Spion unter seinen Mitarbeitern und Äußerungen über die nationalsozialistische Organisation SS in Fahrt. „Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war“, wurde Krah aus einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ vom Wochenende zitiert.
In den Verantwortungsbereich der SS, die Buchstaben stehen für „Schutzstaffel“, fielen ab 1934 der Betrieb und die Verwaltung von Konzentrationslagern und ab 1941 auch von Vernichtungslagern. Sie war sowohl an der Planung wie an der Durchführung des Holocausts und anderer Völkermorde vorrangig beteiligt.
Foto: Manfred Weber (Archiv) [dts]