Sylt-Vorfall: Roth für Schulungen statt Lied-Verboten

In der Debatte um rassistische Gesänge zu Partyhits hat sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) gegen Musikverbote ausgesprochen. Es sei richtig, wenn sich Veranstalter und Wirte jetzt Gedanken machten, wie dafür gesorgt werden könne, dass Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Nazi-Gegröle beim Oktoberfest oder anderen Festen keinen Platz hätten, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). “Allerdings können weder der Song `L`amour toujours` noch der italienische Musikproduzent Gigi d`Agostino etwas dafür, wie dieser Song in unserem Land von Menschen mit rechtsextremen und antidemokratischen Einstellungen in übelster Form missbraucht und entstellt wird.”

Viel wichtiger als jetzt “Lied-Verbote” auszusprechen wäre es Roth zufolge, dass die Betreiber für Schulungen und Sensibilisierungen bei ihrem Personal sorgten, professionelle Awareness-Teams einsetzen und insgesamt klar machten, dass es eine Null-Toleranz-Politik gegenüber jeglichen rassistischen, menschenfeindlichen und NS-verherrlichenden Äußerungen geben müsse. Roth forderte die Bürger auf, in solchen Fällen einzugreifen statt wegzuschauen und wegzuhören. “Dafür braucht es auch uns alle, den Tischnachbarn genauso wie die Familien-, Freundes- und Kollegenkreise.”

Wegen der Umdichtungen mit rechtsextremen Textzeilen wollen die Veranstalter des Münchner Oktoberfests das Lied “L`amour toujours” vorsichtshalber gar nicht erst spielen, wie sie am Montag erklärten. Das Lied an sich sei zwar nicht rechtsradikal, aber es habe eine “ganz klare rechtsradikale Konnotation” bekommen.

Die Formel “Deutschland den Deutschen” war nach dem Ersten Weltkrieg die Losung des “Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes”, der als einflussreichster antisemitischer Verband der Zeit als zentraler Wegbereiter des Nationalsozialisten gilt. Ab den 1980ern wurde die Parole verstärkt von der NPD und Organisationen des Milieus genutzt, so auch 1992 beim Pogrom in Rostock-Lichtenhagen.

Foto: Claudia Roth (Archiv) [dts]

 

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