Der Sozialforscher Christoph Butterwegge warnt vor einer Bedrohung der Demokratie durch Ungleichheit. „Viele Arme haben das Gefühl – im Übrigen nicht völlig grundlos – dass ihre Interessen von den etablierten Parteien nicht vertreten werden“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson.
Er fügte an: „Reiche haben keine materiellen Sorgen und sind sich auch der Bedeutung einer Wahl bewusst. Sie haben zudem weitere Möglichkeiten, auf die Politik einzuwirken.“ Er denke dabei an Parteispenden und Lobbytätigkeiten. Butterwegge sagte: „Diese Möglichkeiten haben Arme nicht. Insofern sind Arme im Kapitalismus nicht wirklich gleichberechtigt.“
Aus Sicht des Politologen wird die Ungleichheit durch ein neoliberales Weltbild bedingt. Er sagte: „Neoliberale vergöttern den Markt, anstatt den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht um Erfolg in der Standortkonkurrenz und betriebswirtschaftliche Effizienz in allen Lebensbereichen, während Solidarität und Gemeinwohl keine Rolle spielen.“ Durch neoliberale Politik schwinde der gesellschaftliche Zusammenhalt, machte Butterwegge deutlich.
Er sprach sich dafür aus, hohe Vermögen wieder stärker zu besteuern. Steuern für Reiche seien in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter abgebaut worden. Butterwegge sagte: „Alle Steuern, die nur Reiche zahlen müssen, sind in der Vergangenheit entweder abgeschafft worden – wie die Gewerbekapital- und die Börsenumsatzsteuer – oder sie werden einfach nicht mehr erhoben wie die Vermögenssteuer seit 1997.“
Was aus Sicht von Butterwegge helfen würde, wäre neben höheren Steuern und der Umverteilung der Hauptbelastung von Armen und Mittelstand auf die Reichen, eine Bürgerversicherung. Er sagte außerdem: „Wer Armut mit Erfolg bekämpfen will, muss den Reichtum antasten. Und wer soziale Gleichheit verwirklichen will, muss den Kapitalismus infrage stellen.“
Foto: Plattenbauten in Halle (Saale) (Archiv) [dts]