Siemens sieht Wirtschaft vor strukturellen Herausforderungen

Siemens-Chef Roland Busch sieht die deutsche Wirtschaft vor strukturellen Herausforderungen. „Wir haben einige strukturelle Aufgaben“, sagte Busch den Sendern RTL und ntv. So sei Deutschland etwa in Europa von den hohen Energiepreisen besonders betroffen gewesen.

Zudem gebe es Probleme beim Thema Arbeitskräfte: „Wir haben im Wesentlichen Vollbeschäftigung. Viele Leute suchen. Wir sind, glaube ich, 1,7 Millionen Stellen, die momentan offen sind. Unsere Immigration läuft nicht so schnell und funktioniert nicht so gut, wie wir uns das wünschen.“ Auch die Infrastruktur müsse dringend modernisiert werden.

Trotz dieser Herausforderungen hat Busch Vertrauen in die deutschen Unternehmen: „Ich glaube nach wie vor an die Stärke der großen Firmen in Deutschland, aber auch der vielen Mittelständler. Wir sind da ganz weit vorne, was Technologie anbelangt, auch Technologie, die uns hilft, klimaneutraler zu werden, neue Fertigungsmethoden, auch die Digitalisierung vorantreiben.“ Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse Deutschland aber bei Themen wie Aus- und Weiterbildung, Integration und Digitalisierung der Verwaltung schneller werden.

Busch sieht die Politik in der Pflicht, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Es seien viele Maßnahmen angestoßen worden, etwa beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz. „Es, glaube ich, liegt auch daran, wie schnell man jetzt die Dinge, die man eingespeist hat, auch wirklich umsetzt. Wenn es nach wie vor unendlich lange dauert, bis wir ein Visa bekommen für Menschen, die zu uns kommen wollen, weil wir nicht digitalisiert haben, dann ist das nicht gut.“

Trotz eines Umsatzrückgangs von 20 Prozent im Bereich Automatisierung bestätigte Busch den Ausblick für das Gesamtjahr. Siemens habe im zweiten Quartal solide abgeliefert, der Auftragsbestand erreichte ein Rekordniveau von 114 Milliarden Euro. Auch für das Mobilitätsgeschäft sieht Busch Potenzial, wenn die Schieneninfrastruktur in Deutschland modernisiert wird. Hier könne Siemens mit hochverfügbaren Zügen und intelligenten Wartungskonzepten einen Beitrag leisten.

Zur Situation bei der Deutschen Bahn sagte Busch: „Wenn aber die Infrastruktur nicht vorhanden ist, dann können sie noch so viel Kapazität auf die Schiene bringen, das funktioniert nicht.“ Die über Jahrzehnte vernachlässigte Schieneninfrastruktur müsse dringend modernisiert werden. Siemens könne dazu einen Beitrag leisten, indem es hochverfügbare Züge und Wartungskonzepte anbiete.

Busch sprach sich auch gegen Zollerhöhungen im Zuge handelspolitischer Spannungen aus: „Wir halten generell nichts dafür, dass man jetzt Tarife erhöht, weil das erhöht am Ende die Preise der Konsumenten. Und das ist eigentlich nicht förderlich in einem Umfeld, wo wir eigentlich mehr Wachstum brauchen.“

Foto: Roland Busch (Archiv) [dts]

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