Ukrainische Flüchtlinge erhalten in Deutschland höhere Sozialleistungen als in den meisten anderen Staaten Europas. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags, die im Auftrag der CDU-Abgeordneten Gitta Connemann erstellt wurde und über die die „Welt am Sonntag“ berichtet.
Am besten vergleichbar sind die Zahlen für Alleinstehende: So bekommen diese in Schweden lediglich ein Tagesgeld, das auf einen Monat gerechnet 180 Euro beträgt. Dazu gibt es unter Bedingungen 30 Euro Wohngeld und ein Sondergeld. In Polen erhalten Ukrainer grundsätzlich keine dauerhaften Geldleistungen, gezahlt wird dort eine Starthilfe von umgerechnet 70 Euro, für Familien und besonders Bedürftige gibt es Einzelprogramme. Österreich gewährt alleinstehenden Ukrainern bis zu 260 Euro im Monat, die Mietkosten werden mit maximal 165 Euro bezuschusst.
Die Niederlande zahlen Einzelpersonen pro Monat Beihilfen und Zulagen von 384,10 Euro, in Italien sind es 300 Euro, in Frankreich 426 Euro. In Finnland wird eine „Aufnahmebeihilfe“ von monatlich 348,50 Euro gezahlt. Die sogenannte Grundsozialhilfe von 587,10 Euro pro Monat kann gewährt werden, wenn ein Flüchtling dauerhaft im Land lebt.
Höhere Leistungen als in Deutschland erhalten Ukrainer indes in Belgien mit 1.288,46 Euro pro Monat für Alleinstehende. In Norwegen sind es umgerechnet 670 Euro, hinzukommen allerdings Wohnungsbeihilfen und eine „Einführungsbeihilfe“ von rund 17.300 Euro im Jahr, wenn der Antragsteller vollzeitbeschäftigt ist. Damit soll die Arbeitsaufnahme gefördert werden. Die Regierung in Oslo will die Hilfen allerdings deutlich zurückfahren.
In Deutschland erhalten ukrainische Flüchtlinge direkt nach Ankunft Bürgergeld, andere Schutzsuchende bekommen dieses erst nach ihrer Anerkennung im Asylverfahren, was oft neun Monate dauert. Ein alleinstehender Bürgergeld-Bezieher erhält seit diesem Jahr monatlich 563 Euro. Hinzu kommen unter anderem Zuschüsse für Miete und Heizung, die vom jeweiligen Wohnort abhängen und stark variieren. Das Bundesarbeitsministerium geht für Alleinstehende von einem durchschnittlichen Regelbedarf von insgesamt 954 Euro im Monat aus, den der Staat deckt.
„Wir fordern eine europaweite Harmonisierung von Integrations- und Sozialleistungen, die sich an den Lebens- und Sozialstandards der jeweiligen Mitgliedstaaten orientieren sollten“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, der „Welt am Sonntag“. „Das hohe Niveau der Sozialleistungen hierzulande macht Deutschland als Ziel für Flüchtlinge besonders attraktiv und fördert eine ungleichmäßige Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU“, erklärte Sager. Nach der Europawahl müsse die EU „dieses Vorhaben dringlich angehen“.
Gerd Landsberg, Ehrengeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, sagte, es müsse „kritisch hinterfragt werden, ob die Sonderstellung der ukrainischen Flüchtlinge, automatisch Bürgergeld-Bezieher zu werden, dauerhaft bestehen bleiben sollte“. Ukrainer seien damit besser gestellt als Kriegsflüchtlinge aus anderen Konfliktregionen.
CDU-Politikerin Connemann sagte der „Welt am Sonntag“: „Für einen Großteil wird das Bürgergeld zur Falle. Der Arbeitsanreiz ist bei uns zu niedrig. Der groß angekündigte `Job-Turbo` zündet nicht“, sagte die Politikerin mit Blick auf die von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigte Beschäftigungsoffensive. Ziel müsse sein, „endlich mehr Geflüchtete in Arbeit zu bringen. Schließlich sind bei uns über 1,7 Millionen Stellen unbesetzt“, so Connemann.
Foto: Hilfsgüter für Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland (Archiv) [dts]