Grünen-Migrationsexperte Erik Marquardt kritisiert den Vorstoß von Innenministerin Nancy Faeser (SPD), sich die italienische Zusammenarbeit mit Albanien bei Asylverfahren genau anzusehen. „Europa muss sich dringend von der Illusion verabschieden, dass irgendein anderes Land auf der Welt dazu bereit ist, unsere Probleme in der Migrationspolitik zu lösen – egal, ob es sich dabei um Ruanda oder Albanien handelt“, sagte der Europapolitiker dem „Stern“.
„Es untergräbt das Vertrauen in Europa und in den Rechtsstaat, wenn wir jeden Tag neue Ideen entwickeln, statt die getroffenen Vereinbarungen erst einmal umzusetzen.“ Neben vielen offenen rechtlichen Fragen, die auch in Italien noch von Gerichten geklärt werden müssten, stelle sich eine ganz praktische Frage: „Wenn es 27 EU-Staaten nicht schaffen, abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückzuschicken, warum sollte das einem kleinen Drittstaat gelingen?“, so Marquardt.
Der Grüne bezweifelt zudem, dass Deutschland ein Verfahren wie das Albanien-Modell kopieren könnte. So bringe Italien nur Flüchtlinge nach Albanien, die im Mittelmeer gerettet wurden und zuvor kein europäisches Festland betreten haben. Dies sei im Fall von Deutschland nicht gegeben.
Faeser hatte dem gegenüber dem „Stern“ Sympathien für das sogenannte Albanien-Modell gezeigt: „Ich schaue mit Spannung darauf, was Italien gemeinsam mit Albanien macht“, sagte die SPD-Politikerin. Anders als beim viel diskutierten Ruanda-Modell wolle Italien selbst die Asylverfahren in Albanien abwickeln, das sei etwas anderes, so Faeser. „Das ist ein interessantes Modell, über das ich mich mit meinem italienischen Amtskollegen austausche.“
Foto: Erik Marquardt (Archiv) [dts]