Ende 2023 waren in Deutschland rund 419.000 Personen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mitteilte, ist die Zahl der Erwerbsmigranten, die aus Nicht-EU-Staaten zum Arbeiten nach Deutschland gekommen sind, seit 2010 (damals 85.000 Personen) stetig gestiegen.
Nachdem in den stark von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 ein vergleichsweise geringes Wachstum gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zu verzeichnen war (2020: +16.000 Personen; 2021: +21.000 Personen), stieg die Zahl der Erwerbsmigranten im Jahr 2022 im Vorjahresvergleich um 56.000 Personen oder 19 Prozent und um weitere 68.000 Personen oder 19 Prozent im Jahr 2023.
Akademische Fachkräfte stehen seit geraumer Zeit im Fokus der deutschen und europäischen Arbeitsmarkt- und Migrationspolitik. Bereits im Jahr 2012 wurde die sogenannte Blue Card beziehungsweise Blaue Karte für akademische Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten (Blaue Karte EU) eingeführt. Ende 2023 verfügten 113.000 Personen in Deutschland über eine Blaue Karte EU. Das waren mehr als ein Viertel aller Erwerbsmigranten und 23.000 Personen oder 26 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Blaue Karte EU war damit der häufigste Aufenthaltstitel im Bereich der befristeten Erwerbsmigration.
Mit Abstand die meisten Inhaber kamen aus Indien (33.000), gefolgt von Personen mit russischer (10.000) und türkischer (8.000) Staatsangehörigkeit. Voraussetzung für die Erteilung der Blauen Karte EU ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie ein konkretes, der Qualifikation angemessenes Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Für Inhaber einer Blauen Karte EU gelten Erleichterungen beim Familiennachzug und die Möglichkeit zur schnelleren Erteilung einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Ab November 2023 wurde der Personenkreis der berechtigten Personen durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz erweitert.
Für Akademiker aus Staaten außerhalb der EU gibt es neben der Blauen Karte EU noch weitere Aufenthaltstitel zur Erwerbsmigration, zum Beispiel eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Ende 2023 verfügten 49.000 Personen über eine solche Aufenthaltserlaubnis (+9.000 Personen beziehungsweise +23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Am häufigsten hatten die Akademiker eine Staatsangehörigkeit aus Indien (6.000), China (4.000) oder der Türkei (3.000). Voraussetzung ist unter anderem ein konkretes Arbeitsplatzangebot; anders als bei der Blauen Karte EU gilt hierfür keine Mindestgehaltsgrenze. Zudem gibt es breitere Beschäftigungsmöglichkeiten, da nicht nur eine Beschäftigung im der eigenen Qualifikation entsprechenden Beruf, sondern auch in verwandten Berufen möglich ist. Die Möglichkeiten, in anderen Berufen zu arbeiten, wurden mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab November 2023 erweitert.
Bereits seit 1. März 2020 erleichtert das erste Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch Fachkräften mit Berufsausbildung aus Nicht-EU-Staaten die Einreise und den Aufenthalt für die Ausübung einer Beschäftigung. Die Möglichkeiten, eine Aufenthaltserlaubnis mit Berufsausbildung zu erhalten, wurden ebenfalls mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab November 2023 erweitert. 52.000 Personen verfügten Ende 2023 über eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Zuwachs von 11.000 Personen oder 26 Prozent. Die häufigsten Staatsangehörigkeiten unter den Fachkräften mit Berufsausbildung waren die bosnisch-herzegowinische und die philippinische (jeweils 7.000 Personen).
Auf Grundlage der sogenannten „Westbalkanregelung“ hielten sich Ende 2023 rund 76.000 Nicht-EU-Staatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis für Erwerbszwecke in Deutschland auf. Das waren 14.000 oder 22 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Mit 20.000 bildeten Staatsangehörige des Kosovo die größte Gruppe. Die Westbalkanregelung eröffnet Arbeitskräften aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien seit 2016 unter bestimmten Voraussetzungen einen befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland. Die zunächst befristete Regelung wurde durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz entfristet.
Die zum Jahresende 2023 registrierten Personen mit einem Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit waren mehrheitlich männlich (281.000 Personen oder 67 Prozent) und zwischen 25 und 35 Jahren alt (233.000 Personen oder 56 Prozent). Lediglich bei den Fachkräften mit Berufsausbildung überwogen die Frauen (58 Prozent). Der Männeranteil war mit 87 Prozent am höchsten für die Fachkräfte mit einem Aufenthaltstitel nach der Westbalkanregelung und einer Blauen Karte EU (71 Prozent). Bei den Fachkräften mit akademischer Ausbildung war das Geschlechterverhältnis mit einem Männeranteil von 52 Prozent fast ausgeglichen. Im Zeitverlauf stieg der Frauenanteil an der Erwerbsmigration insgesamt langsam an (+1,6 Prozentpunkte zwischen 2020 und 2023).
Ukrainer machten Ende 2023 einen Anteil von zwei Prozent an den Personen mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit aus. Dieser Anteil hat sich gegenüber 2022 nicht verändert. Die meisten der rund 1,2 Millionen Ukrainer, die Ende 2023 in Deutschland lebten, haben vorübergehenden Schutz und damit einen humanitären Aufenthaltstitel erhalten, darunter waren 835.000 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren. Diese verfügten in der Regel über eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit, so die Statistiker.
Foto: Stahlproduktion (Archiv) [dts]