Martin Herrenknecht, Vorstandschef des Tunnelbauunternehmens Herrenknecht, kritisiert ein Missverhältnis zwischen den Sozialausgaben und der in Deutschland erwirtschafteten Leistung. „Wir haben die Fähigkeit verloren, die Wirtschaft richtig einzuschätzen, die Sozialkosten im Bundeshaushalt dürfen aus meiner Sicht einen Anteil von 30 Prozent nicht übersteigen, wir sind heute bei 50 Prozent“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).
„Die nächste Generation wird horrende Summen aufbringen müssen, um den Sozialhaushalt noch bedienen zu können.“ Weiter verlangt er eine Reform des von der Regierungskoalition auf den Weg gebrachten Bürgergelds. Beim Bürgergeld gehe es „gar nicht so sehr um die Höhe“, aber das Bürgergeld unterstütze die „Faulenzer“, die zu Hause säßen, sich die Miete und den Strom bezahlen ließen. Die, die am Morgen arbeiten gingen, seien dagegen die „Deppen“, so der Unternehmer. „Der Abstand zwischen Bürgergeld und dem Lohn für diejenigen, die arbeiten, ist viel zu klein.“
Herrenknecht fordert ein Wachstumsprogramm für Deutschland – und zwar mit einer Verbesserung der Infrastruktur, einer Stärkung der Verteidigung und einer Absenkung der Sozialausgaben im Bundeshaushalt. „Wir müssen als erstes unsere Infrastruktur auf Vordermann bringen. Wer die beste Infrastruktur hat, der überlebt, das ist meine Philosophie. Dazu gehört auch eine verlässliche, bezahlbare Versorgung mit Energie – und die Voraussetzung ist, dass nun endlich die Stromtrassen von Norden nach Süden gebaut werden.“
„Dann müssen wir unsere Verteidigung stärken, nur Diskussionen reichen da nicht aus. Herrscher wie Wladimir Putin, der unser Land und unseren Wohlstand bedroht, hat nur Angst, wenn wir eine starke Armee haben. Ich bin nicht für Krieg, aber für Abschreckung, das ist die einzige Sprache, die er versteht“, so Herrenknecht weiter. „Und der dritte Punkt wäre, das Soziale im Bundeshaushalt auf ein Maß zurückführen, dass es im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft steht. So würden Mittel frei zur Unterstützung der Wirtschaft.“
Hoffnung, dass die aktuelle Regierungskoalition die notwendigen Maßnahmen anstößt, hat der Unternehmer, der seit Anfang der 1980er-Jahre Mitglied der CDU ist, nicht. „Wir brauchen eine Agenda 2030, aber die jetzige Regierung schafft es nicht, so etwas anzukurbeln. Die ist auf dem Sozialtrip, verteilt das Geld, und die nächste Generation weiß nicht, wie sie es einsammeln muss. Jetzt hat die Ampel Cannabis freigegeben. Ich glaube, ich muss auch mal rauchen, damit ich das alles aushalte“, sagte Herrenknecht der FAZ.
Die Herrenknecht AG stellt Tunnelvortriebsmaschinen her. Bedeutende Bauprojekte sind unter anderem der Gotthard-Tunnel und der Brenner-Basistunnel. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit mehr als 5.000 Menschen und erwirtschaftete 2022 einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro. Beim Gewinn sieht es nach Angaben von Martin Herrenknecht „nicht schlecht“ aus.
Foto: Passanten vor Infoständen zu Rente und Bürgergeld (Archiv) [dts]