Der Innenpolitiker Christoph de Vries (CDU) hat für einen der beiden in Bayern festgenommen mutmaßlichen russischen Spione den Entzug der doppelten Staatsbürgerschaft ins Spiel gebracht. „Wenn sich im Fall des Beschuldigten Dieter S. der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung bestätigt, sollte dies unbedingt auch die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für diesen mutmaßlichen Terroristen zur Folge haben“, sagte de Vries dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe). Diese Möglichkeit sieht das Staatsangehörigkeitsgesetz vor, sofern sich der Betroffene „an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt“, wie es im entsprechenden Passus heißt.
SPD und FDP sehen einen Entzug der doppelten Staatsbürgerschaft kritisch. „Ich halte nicht viel von reflexhaften Reaktionen nach solchen Zwischenfällen“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Zeitung. Der Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit abzuerkennen, seien „aus guten Gründen enge Grenzen gesetzt“. Es sei richtig, dass hohe Hürden sie schützen. „Insbesondere ist dies kein zulässiges Instrument zur Sanktionierung von Straftaten.“
Ähnlich äußerte sich der FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki. „Im Rechtsstaat werden auch schwerste Straftaten von Gerichten nach dem Strafrecht beurteilt und nicht von Ausländerbehörden über das Staatsangehörigkeitsrecht“, sagte Kubicki der Zeitung.
Im Fall von Dieter S. hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs einen Haftbefehl eröffnet, der auch den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung betrifft. S., der wie der andere Beschuldigte die deutsche und die russische Staatsbürgerschaft besitzt, wird vorgeworfen, zwischen Dezember 2014 und September 2016 in der Ostukraine als Kämpfer einer bewaffneten Einheit der „Volksrepublik Donezk“ aktiv gewesen sein. Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft handelt es sich hierbei um eine prorussische Vereinigung, die ab Frühjahr 2014 die Kontrolle über den ukrainischen Verwaltungsbezirk Donezk beanspruchte. Ziel war die Loslösung von der Ukraine.
Foto: Christoph de Vries (Archiv) [dts]