Grüne sehen Expertenempfehlung zu Abtreibungen als Handlungsauftrag

Die Grünen im Bundestag sehen die Empfehlungen der Expertenkommission zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen als politischen Handlungsauftrag für eine Gesetzesänderung. „Die unabhängige Kommission hat sich sehr gründlich und ausführlich mit den Möglichkeiten einer Neuregulierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland auseinandergesetzt“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ulle Schauws, der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgaben).

Die Ergebnisse seien bemerkenswert und ein klarer Auftrag an Politik und Gesellschaft, die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen neu zu denken: „Die Kommission hat verdeutlicht, dass in der früheren Phase einer Schwangerschaft das Selbstbestimmungsrecht der Frau überwiegt und in der späteren Phase das Lebensrecht des Ungeborenen. Daher ist eine Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuchs geboten“, so die Grünen-Politikerin. Auch in Zeiten vieler Debatten seien Grundsatzfragen des Zusammenlebens in unsere Gesellschaft ja keine Tabus.

„Schwangerschaftsabbrüche sind eine gesellschaftliche Realität. Weltweit bricht jede fünfte Frau einmal im Leben eine Schwangerschaft ab. In Deutschland ist jede dritte Frau einmal in ihrem Leben ungewollt schwanger. Doch die Versorgungslage verschlechtert sich hierzulande rapide“, sagte Schauws. Immer mehr Ärzte, die Abbrüche vornehmen, würden zeitnah in den Ruhestand gehen, und Schwangerschaftsabbrüche seien immer noch nicht Bestandteil der medizinischen Ausbildung.

„Es ist aber Pflichtaufgabe des Staates, für eine wohnortnahe Versorgung zu sorgen. Mit einer Entkriminalisierung und Entstigmatisierung, die Frauen von der Frage nach `Schuld` entlastet, ließe sich die Versorgung deutlich verbessern“, so Schauws. „Seit dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich unsere Gesellschaft verändert und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen hat an Bedeutung gewonnen. Die aktuelle Regelung ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht nicht mehr den menschenrechtlichen Empfehlungen“, so die Grünen-Politikerin weiter.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD im Bundestag, Katja Mast, spricht sich derweil für die Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafrecht aus. „Aus meiner Sicht sollten Frauen, die sich in einer Notlage für einen Abbruch entscheiden, nicht durch das Strafrecht eingeschüchtert werden“, sagte Mast den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

„Und Ärzte, die die Frauen in einer Notlage unterstützten, auch nicht: Daher plädiere ich persönlich dafür, dieses Thema aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen.“ Die Fraktion arbeite an einer einheitlichen Position, so Mast. „Dafür nehmen wir uns die notwendige Zeit.“ Der Union warf sie schlechten Stil vor. „Es ist ein schlechter Stil, wenn die Union bereits mit einer Klage droht, bevor die Beratungen überhaupt begonnen wurden geschweige denn abgeschlossen sind. Das verhindert eine sachlich konstruktive Auseinandersetzung und dient weder den betroffenen Frauen noch dem Schutz des ungeborenen Lebens.“

Skeptisch in Bezug auf die Streichung aus dem Strafrecht zeigte sich die religionspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sandra Bubendorfer-Licht. Sie sagte der Mediengruppe Bayern: „Persönlich bin ich der Ansicht: Deutschland verfügt bereits heute über einen gut austarierten Kompromiss zwischen der Selbstbestimmung der Frau und dem Schutz ungeborenen Lebens.“ Auch sie warf der Union vorschnelle Urteile vor: „Bei diesem hochsensiblen Thema darf es keinerlei Schnellschüsse geben. Mir fehlt jegliches Verständnis für die voreiligen und unqualifizierten Äußerungen aus der Opposition, die darauf zielen, dieses Thema auf dem Rücken von Frauen für Parteitaktiererei auszuschlachten.“

Foto: Ulle Schauws (Archiv) [dts]

 

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