DGB: In Deutschland wird nicht zu wenig gearbeitet

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) tritt Studienergebnissen entgegen, wonach Deutsche weniger arbeiten als Beschäftigte in anderen Industrienationen. „Fakt ist, dass in Deutschland nicht zu wenig gearbeitet wird, das zeigt der Milliarden-Berg an Überstunden, die sich seit Jahren auftürmen, übrigens zur Hälfte unbezahlt“, sagte DGB-Vorständin Anja Piel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Gleichzeitig verwies Piel darauf, dass mehr als vier Millionen Arbeitnehmer auch noch einen Zweit- oder sogar Dritt-Job hätten. Das Arbeitsvolumen der Beschäftigten steige zudem seit Jahren an. „Was tatsächlich ein zentrales Problem ist: Viele Vollzeitbeschäftigte arbeiten deutlich mehr als gesund ist, während viele – insbesondere Frauen – in der Teilzeit- und Minijobfalle festhängen“, sagte Piel weiter. Der DGB fordert die Bundesregierung auf, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Konkret brauche es spürbare Entlastung für die Beschäftigten und eine ausreichende Unterstützung bei Kinderbetreuung und Pflege. „Damit werden wir dann auch innovativer und produktiver“, erklärte die Gewerkschafterin.

Auch der Bundesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, fordert die Ampel in Berlin auf, mehr dafür zu tun, Erwerbspotenziale in Deutschland zu heben. „Es gibt konkrete Gründe dafür, dass nicht so viele Menschen in Deutschland in Vollzeit arbeiten, wie sie eigentlich wollen oder können“, sagte Werneke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er verwies auf zahlreiche Minijobs, die hohe Teilzeitquote, insbesondere bei Frauen und das Ehegattensplitting.

Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hatte ergeben, dass in Deutschland weniger gearbeitet wird als in anderen führenden Industrienationen. In dem Vergleich unter den OECD-Staaten landen die Deutschen mit 1.031 geleisteten Arbeitsstunden im Jahr 2022 lediglich im hinteren Mittelfeld. Nur Franzosen (1.030 Arbeitsstunden), Italiener (1.019), Belgier (996) und Türken (870) arbeiten noch weniger als die Bundesbürger. Besonders viel arbeiten Einwohner Neuseelands, die auf 1.393 Arbeitsstunden kommen. Danach folgen Tschechien (1.324), Australien (1.319), Polen (1.295) und die USA (1.291). Der Durchschnittswert unter den verglichenen OECD-Ländern liegt bei 1.216 Arbeitsstunden je Einwohner im erwerbsfähigen Alter. Das IW Köln attestierte Deutschland eine „unterdurchschnittliche Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials“.

Foto: DGB (Archiv) [dts]

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