Der Städte- und Gemeindebund fordert Milliarden-Investitionen des Bundes, um die Kommunen auf einen möglichen Krieg vorzubereiten. „Sicherheit ist nicht mehr selbstverständlich“, sagte der neue Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren.“ Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit sei eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Neben dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr müsse der Bund „große Summen aufbringen, um die Widerstandsfähigkeit im Inneren zu gewährleisten“, forderte Berghegger.
„Für den Schutz der Zivilbevölkerung brauchen wir in jedem der nächsten zehn Jahre mindestens eine Milliarde Euro.“ Dies sei aber nur ein Anschub, mit dem die Aufgabe noch nicht erledigt sei. Die Mittel sollten aus dem regulären Bundeshaushalt kommen. Konkret forderte der Hauptgeschäftsführer mehr Bunker in Deutschland. Von den 2.000 öffentlichen Schutzräumen aus dem Kalten Krieg seien nur noch 600 vorhanden, die rund 500.000 Personen aufnehmen könnten. „Es ist dringend notwendig, stillgelegte Bunker wieder in Betrieb zu nehmen“, sagte er.
Außerdem müssten neue, moderne Schutzräume gebaut werden. In Ballungszentren könne man auch Tiefgaragen und U-Bahn-Schächte nutzen. „Das sehen wir aktuell in Kiew, wo Menschen Zuflucht vor russischen Raketen suchen“, so Berghegger. „Auch in Deutschland müssen wir für ein solches Szenario planen.“
Der Gemeindebund dringt auch darauf, zusätzliche Sirenen zu installieren. „Wir tun gut daran, uns nicht allein auf Handy-Apps zu verlassen“, sagte Berghegger. „Wir brauchen einen breiten Mix aus digitalen und analogen Instrumenten. Dazu gehören Apps, Radio und Fernsehen, Anzeigetafeln und natürlich auch Sirenen.“ Daher sei es wichtig, dass Bund und Länder das Sirenenschutzprogramm fortführten und die nötigen Mittel bereitstellten. „Es darf keine Kommune mehr ohne Sirenen geben.“
Bei der Lebensmittelversorgung nimmt Berghegger auch die Privathaushalte in die Verantwortung. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe habe gute Hinweise gegeben, welche Vorräte angelegt werden sollten. „Das wird manchmal belächelt, aber Wasser, Lebensmittel, Medikamente oder Kerzen sollte jeder zu Hause haben“, sagte er. „Wir sollten die Menschen dafür sensibilisieren, dass sie im Katastrophen- oder Verteidigungsfall möglicherweise einige Tage aus eigener Kraft überstehen müssen.“
Das Bewusstsein dafür solle schon in Kitas und Schulen geweckt werden, forderte Berghegger. Dort ließen sich auch Zivilschutzübungen abhalten. Auf die Nachfrage, ob es ihm um die kriegsfähige Kita gehe, sagte er: „Mir geht es um Resilienz. Man kann Kitas und Schulen durchaus mal üben, was zu tun ist, wenn es brennt – und wo die Sammelplätze sind.“
Ein eigenes Schulfach für Verteidigung oder Resilienz hält der Chef des kommunalen Spitzenverbands nicht für erforderlich. Doch könne man „an Projekttagen oder in Arbeitsgruppen für die neue Gefahrenlage sensibilisieren – und wie man sich im Verteidigungsfall verhält“. Berghegger betonte: „Es ging uns lange Zeit sehr gut. Das hat uns etwas sorglos gemacht.“
Foto: Zivilschutz-Mitarbeiter am 06.03.2024 [dts]