Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der sich derzeit in Schweden über das dortige Modell der Wehrpflicht informiert, zweifelt an der raschen Wiedereinführung einer Dienstpflicht in Deutschland. „Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering, schon angesichts der parlamentarischen Abläufe“, sagte Pistorius am Mittwoch den Sendern RTL und ntv.
Es gehe da um Gesetzesänderungen, das „bricht man nicht übers Knie.“ Das benötige eine breite Diskussion. „Wünschen würde ich es mir, wenn wir uns einigen könnten“, fügte der Minister hinzu.
Bei FDP und Grünen stoßen die Überlegungen von Pistorius unterdessen auf Ablehnung: „Die Wehrpflicht kann und wird keinen Beitrag zur gesamtstaatlichen Resilienz leisten können“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Sie löse vor allem kurz- oder mittelfristig keines der Probleme, vor denen man gerade stehe.
Es würde ewig dauern, die Strukturen hierfür wieder aufzubauen und Milliardensummen verschlingen, fügte Strack-Zimmermann hinzu. „Wir haben keine Kasernen dafür, keine ausreichende Personaldecke für die Ausbildung und weitere Ressourcen für die Wehrpflicht längst abgebaut. Angesichts der hoch spezialisierten Anforderungen der heutigen Zeit würden Wehrdienstleistende der Bundeswehr überdies nur bedingt helfen. Hierfür bedarf es Spezialisten und keiner Grundwehrdienstleistenden“, sagte die Liberale.
Nicht zuletzt würden die jungen Menschen der Wirtschaft fehlen, die auch zu gesamtgesellschaftlicher Resilienz beitrage. Denn man dürfe nicht vergessen, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit nur eine Wehrpflicht für junge Männer und Frauen gleichermaßen infrage käme, so Strack-Zimmermann.
Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, sagte dem RND: „Die personelle Situation der Bundeswehr ist angespannt. Es ist richtig, dass der Minister bis zum Ende der Wahlperiode ein tragfähiges Konzept aufsetzen will. Eine Wehrpflicht halte ich weiterhin für den falschen Weg.“
Foto: Bundeswehrsoldaten (Archiv) [dts]