Nach ihrer umstrittenen Wahl in den Aufsichtsrat von Siemens Energy hat die Wirtschaftsweise Veronika Grimm einen Rückzug aus dem Sachverständigenrat ausgeschlossen. „Ich bin als unabhängige Wissenschaftlerin Mitglied des Sachverständigenrats und werde diese Aufgabe auch weiterhin gewissenhaft wahrnehmen“, sagte die Nürnberger Ökonomin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Sie werde sich wie bisher zu wirtschaftspolitischen Themen äußern. In Angelegenheiten, die Siemens Energy direkt betreffen, werde sie sich allerdings nicht öffentlich positionieren. Die vier anderen Mitglieder des Sachverständigenrats hatten Grimm in einer Mail, die auch an das Kanzleramt und das Wirtschaftsministerium ging, wegen möglicher Interessenkonflikte zur Rückgabe ihres Mandats aufgefordert.
Grimm verwies auf Prüfungen, nach denen ihre Wahl in den Aufsichtsrat nicht zu beanstanden sei. Im Übrigen könnten die Sachverständigen vor Ende ihrer fünfjährigen Amtszeit nicht abberufen werden. „Das stellt in besonderem Maße die Unabhängigkeit jeder und jedes Einzelnen sicher“, sagte die Ökonomin – und nahm die Vorsitzende des Gremiums, Monika Schnitzer, in die Pflicht. „Die Vorsitzende hat in dieser Situation die Rolle, trotz der unterschiedlichen Sichtweisen alle wieder zusammenzubringen“, so Grimm. „Das kann auch einmal herausfordernd sein.“
Die Professorin an der Technischen Universität Nürnberg verwies darauf, dass sie nicht die erste sei, die parallel zur Mitgliedschaft im Sachverständigenrat einem Aufsichtsrat angehört. „In der Vergangenheit wurde damit im Rat kooperativ und gewissenhaft umgegangen und ich habe das Vertrauen in uns, dass wir das auch hinbekommen“, sagte sie. Es gebe „verschiedenste Funktionen, auch in der Wirtschaft“, in denen Wissenschaftler in Deutschland aktiv seien, so Grimm. „Das ist auch gut so, weil man so aus dem Glaskasten herauskommt und die Einschätzung von Sachverhalten geschärft wird.“
Der Sachverständigenrat sei „auf Auseinandersetzung angelegt“, und in seiner 60-jährigen Geschichte sei es „immer wieder ans Eingemachte“ gegangen, erinnerte Grimm. So habe sich Wolfgang Wiegard 2005 nach einer turbulenten Phase vom Vorsitz zurückgezogen. „Vergnügungssteuerpflichtig war das damals sicherlich auch nicht“, sagte sie. „Es ist ein Privileg, dem Sachverständigenrat anzugehören. Aber man muss auch ein dickes Fell haben.“
Foto: Veronika Grimm (Archiv) [dts]