Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mit seinem Vorstoß, den Aufwuchs des Verteidigungsetats über Umschichtungen im regulären Bundeshaushalt zu finanzieren, für Unruhe in der SPD gesorgt. Mehrere Bundestagsabgeordnete fordern nun Änderungen bei den Regeln für eine Neuverschuldung, um soziale Härten nach dem Ende des Bundeswehr-Sondervermögens zu vermeiden, berichtet der „Spiegel“.
„Die Bundeswehr weiter zu stärken, ist angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen in Europa notwendig“, sagte der SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetovic dem Nachrichtenmagazin. „Um dieser Aufgabe nachzukommen und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt in unserem Land mit allen notwendigen Investitionen zu garantieren, wird ein Aussetzen der Schuldenbremse immer unausweichlicher“, sagte er.
Der Abgeordnete Ralf Stegner warnte vor Verteilungskämpfen zulasten Armer. Innere und äußere Sicherheit dürften „niemals gegen sozialen Zusammenhalt ausgespielt werden“, sagte Stegner dem „Spiegel“. „Deshalb sind entweder ein Sondervermögen für die Modernisierung unseres Landes oder zumindest eine Reform der Schuldenbremse notwendig“, fordert auch er. Höhere Militärausgaben bei gleichzeitigen Sozialkürzungen unter Einhaltung der Schuldenbremse würden Rechtspopulisten stärken, warnte Stegner.
Auch der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz forderte, den regulären Haushalt über eine höhere Neuverschuldung aufzustocken: „Wir werden bestimmt nicht um eine Modernisierung der Schuldenbremse herumkommen“, sagte Schwarz dem „Spiegel“. Kosten für die Bundeswehr, für Cyber- und Zivilschutz müssten von der Schuldenbremse auszunehmen.
Auf klare Ablehnung stößt Scholz beim grünen Koalitionspartner: „Ich kann nur eindringlich vor einer weiteren verheerenden Kürzungsdebatte warnen“, sagte die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Agnieszka Brugger, dem „Spiegel“. Zwar hält auch sie höhere Investitionen in Sicherheit für nötig. Es wäre jedoch „grob fahrlässig“, jetzt eine Debatte darüber zu beginnen, ob der Bund Ausgaben etwa bei Klimaschutz, Entwicklungszusammenarbeit oder Landwirtschaft streichen müsse. „Ich sehe da null Spielräume, wenn wir den Wohlstand, unsere Sicherheit und den Konsens in der Gesellschaft in diesen ernsten Zeiten nicht gefährden wollen“, mahnte Brugger.
Lob kommt hingegen aus der FDP: „Wir brauchen mehr Mittel, um die Kosten für Personal, Betriebsstoffe und Munition dauerhaft zu finanzieren“, sagte der FDP-Verteidigungspolitiker Alexander Müller dem „Spiegel“. „Das macht man nicht mit Extra-Schulden, sondern man muss im normalen Haushalt neu priorisieren“, so Müller.
Auch Unionsfraktionsvize Johann Wadephul teilt die Auffassung, dass die Aufrüstung der Bundeswehr und die Einhaltung des Nato-Zweiprozentziels aus dem regulären Wehretat finanziert werden müssten. „Mit der ausreichenden Finanzierung durch den allgemeinen Haushalt hätte der Kanzler in diesem Jahr anfangen müssen“, sagte der CDU-Politiker dem Magazin.
Scholz hatte der „Süddeutschen Zeitung“ am Wochenende gesagt: „Mein Ziel ist es, dass wir nach dem Auslaufen des Sondervermögens die Ausgaben für die Bundeswehr aus dem allgemeinen Haushalt finanzieren.“
Foto: Deutsche Kriegsschiffe (Archiv) [dts]