Der Europaabgeordnete und Migrationspolitiker Erik Marquardt (Grüne) hat vor „Scheinlösungen“ bei der Bezahlkarte für Asylbewerber gewarnt. „Der Prozess um die Bezahlkarte ist zu hektisch“, sagte er der „Welt“ (Donnerstagausgabe).
Noch sei gar nicht geklärt, ob die bundesweite Einführung tatsächlich den Verwaltungsaufwand vereinfachen würde. „Was machen die Kommunen zum Beispiel mit Personen, die behaupten, ihre Karte verloren zu haben? Bekommen sie dann ohne Weiteres eine neue?“
Man wisse auch nicht, welche Folgeprobleme entstehen könnten. „Denkbar ist, dass die Integration in den Arbeitsmarkt erschwert wird, wenn Menschen wegen der Beschränkung der Bezahlkarte auf bestimmte Landkreise nicht mehr umziehen können“, sagte Marquardt. „Statt Scheinlösungen voranzutreiben, sollten wir erst einmal prüfen, was die Folgen wären.“
Grünen-Chef Omid Nouripour hatte am Dienstag in der ARD eine schnelle Lösung im Streit über eine bundesrechtliche Regelung für die Bezahlkarte angekündigt. Diese wird von den Ländern gefordert, auch SPD und FDP sind dafür. Man wolle nicht, dass viel Geld in die Herkunftsländer geschickt werde, hatte es aus der FDP geheißen.
„Rücküberweisungen ins Ausland sind ein wichtiger Teil der Entwicklungszusammenarbeit“, sagte Marquardt dazu. „Sie sorgen dafür, dass Geschwister in der Heimat in die Schule gehen können oder kranke Eltern gepflegt werden können.“
In relevantem Umfang fänden sie erst statt, sobald die Menschen in Arbeit sind, das lege die Forschung nahe. „Aber auch davor will ich sie nicht verbieten: Mir ist es lieber, wenn jemand seine Verwandten derart unterstützt, als dass er das Geld in Deutschland auf seiner Bezahlkarte sammelt oder sich damit sonst irgendetwas kauft.“
Auch der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh warnte vor zu weitreichenden Einschränkungen. „Ideen, die Bezahlkarte, ob landesgesetzlich oder bundesgesetzlich, für den Kauf von Alkohol, Tabak oder Glücksspiel zu sperren, sind töricht und gefährlich“, sagte er der Zeitung. „Derartige Einschränkungen sind verfassungsmäßig höchst fragwürdig und würden letztlich bedeuten, im gesamten Sozialrecht und Leistungsrecht aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung solche Schranken einzubauen.“
Teilweise liefen schon Kampagnen gegen die Bezahlkarte mit dem Vorwurf der Stigmatisierung und des Rassismus, so Lindh. „Eine unnötige Ideologisierung der Bezahlkarte durch erzieherische, bevormundende Vorgaben dieser Art wäre Wasser auf die Mühlen der Kritiker.“
Foto: Erik Marquardt (Archiv) [dts]