Eine Expertenanhörung im Bundesinnenministerium zu Möglichkeiten für Asylverfahren in Transit- oder Drittstaaten hat kein Ergebnis gebracht. Ein Ministeriumssprecher sagte dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe), die Prüfung, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind, erfordere „die Beantwortung komplexer rechtlicher, tatsächlicher und konzeptioneller Fragestellungen“.
Deshalb seien weitere Sachverständigen-Anhörungen geplant. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefs der Länder hatten sich Anfang November darauf verständigt, dass die Bundesregierung auslotet, ob Drittstaaten-Asylverfahren unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention möglich sind.
Bei dem ersten Treffen von Experten im Innenministerium am 22. Februar war unter anderem der Migrationsforscher Daniel Thym von der Universität Konstanz zugegen. Thym hält Asylverfahren in Drittstaaten prinzipiell für möglich. „Rechtlich können Drittstaatsverfahren mit den Menschenrechten und der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar sein, denn diese bieten ein Recht auf Schutz, nicht jedoch die Garantie, diesen in einem bestimmten Land zu erhalten“, sagte er dem „Handelsblatt“.
Das hätten zahlreiche Gerichte bestätigt. Daraus folge aber nicht, dass keine juristischen Hürden bestünden. „Vielmehr kommt es auf das Kleingedruckte an“, erklärte der Asylrechtsexperte. Ein „zentraler Stolperstein“ seien die Vorverfahren auf europäischem Boden, die bei vergleichbaren Konstellationen in Deutschland derzeit drei bis vier Monate dauerten. „Erst dann wäre eine Überstellung möglich.“ Im größeren Stil umsetzen ließe sich das Vorhaben zudem nur, wenn der EU-Asylkompromiss aufgeschnürt würde.
Foto: Flüchtlingslager (Archiv) [dts]