Ex-Staatssekretär für Steuersenkungen und Reform der Schuldenbremse

Der langjährige Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer (SPD) hat sich für eine geringere Besteuerung von Arbeitseinkommen ausgesprochen. „Es braucht eine Steuerreform“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) zur Bilanz seiner 18-jährigen Amtszeit.

„Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass ein gut verdienender alleinstehender Facharbeiter fast schon den Spitzensteuersatz zahlt“, sagte er. „Da muss sich aus meiner Sicht etwas ändern.“ Das sei in den jeweiligen politischen Konstellationen leider nicht machbar gewesen.

Im Gegenzug verlangt Gatzer höhere Verbrauchssteuern. „Dabei sollte auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in den Fokus genommen werden“, sagte er. „Damit könnte man viel Bürokratie vermeiden und zusätzliche Einnahmen erreichen, die genutzt werden könnten, um die Mittelschicht bei der Einkommensteuer zu entlasten.“ Letztendlich müsse man den Konsum mehr besteuern und die Arbeit weniger.

Zugleich sprach sich Gatzer für Änderungen beim Bürgergeld aus. „Wir müssen darauf achten, dass der Abstand zwischen Arbeitslohn und Transferleistung groß genug ist, damit Arbeiten attraktiv bleibt“, sagte er. Deshalb müsse man sich die Berechnungsmethoden anschauen. „Wenn zum Beispiel die Löhne um fünf Prozent steigen, dann kommen keine fünf Prozent netto bei den Menschen an.“

In der aktuellen Debatte um eine Reform der Schuldenbremse fordert Gatzer mehr Flexibilität. „Die Schuldenregel verpflichtet uns, von einem Haushaltsnotlagenjahr auf ein kommendes Nichtnotlagenjahr sofort von hundert auf Null zu gehen.“ Eine solche Vollbremsung sei nicht gut. „Da sollte es eine Übergangszeit geben.“ Weitergehende Forderungen aus der SPD, Investitionen generell von der Schuldenbremse auszunehmen, lehnt Gatzer allerdings ab.

Gatzer äußerte sich auch zu den Umständen seiner Entlassung durch Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Ende des vorigen Jahres geäußert. „Nach 18 Jahren hätte ich mir einen anderen Abgang gewünscht“, sagte er. Natürlich wisse man als politischer Beamter, dass so etwas passieren könne, „in diesem Augenblick habe ich allerdings nicht damit gerechnet“.

In der Sache räumte Gatzer allerdings Fehleinschätzungen ein. „Andererseits muss ich akzeptieren, dass meine politische Beratung zum Nachtragshaushalt und Klimafonds vom Bundesverfassungsgericht nicht mitgetragen wurde“, sagte er der FAS. „Ein Jahr später wäre ich ohnehin in den Ruhestand gegangen, vielleicht war das auch ein Argument, den Wechsel jetzt schon zu vollziehen.“

Gatzer war von 2005 bis 2018 der für den Haushalt zuständige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und damit der einflussreichste Beamte der Bundesregierung. Er diente unter vier Ministern aus drei Parteien, und zwar Peer Steinbrück (SPD), Wolfgang Schäuble (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP). Lindner hatte im vorigen November Gatzers Entlassung zum Jahresende bekannt gegeben, nachdem das Bundesverfassungsgericht das Sondervermögen für den Klimaschutz gekippt hatte.

Foto: Einkommensteuer (Archiv) [dts]

 

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